Leitgeschwindigkeit

Juni 13, 2025

Eigentlich sollte das Wort ein „d“ haben, also „Leidgeschwindigkeit“ heißen. Die Reisezeit ist wieder voll angebrochen. Mit Pfingsten und den Ferien ergaben sich überfüllte Autobahnen. Jede Baustelle wird zur Stauursache. Und so wird es bis August weitergehen. Die Autobahndirektionen wollen dazu eingreifen, indem sie mit ihren elektronischen Tafeln über der Fahrbahn Geschwindigkeitsbegrenzungen anzeigen, meist noch gekoppelt mit dem Wort „Staugefahr“ oder „Stau“. Dabei denken die virtuellen Verkehrspolizisten, es wäre vernünftig, den Verkehr an einen Stau möglichst langsam und geregelt heran zu führen. In der Praxis bewirkt diese Geschwindigkeitsvorgabe bereits ein Herunterbremsen, das sich nach hinten verstärkt. Das Resultat: Ein Stau vor dem eigentlichen Stau.

Bei größerem Verkehrsaufkommen wäre es wichtig, den Verkehr fließen zu lassen. So wird eine bestmögliche Durchsatzrate erreicht. Jede Geschwindigkeitsbegrenzung unter 100 km/h gefährdet sie. Versehen mit dem Hinweis auf Stau erzeugt eine Geschwindigkeitsvorgabe von 80 km/h bereits ein Bremsmanöver. Eine Vorgabe von 60 km/h verstärkt dies, so dass sich eine reale Geschwindigkeit von unter 30 km/h einstellt: Totalbremsung, dann langsames Wiederanfahren, bis wieder einer bremst. Die Autobahn könnte viel mehr Verkehr bewältigen ohne diese Vorgaben. Noch schlimmer: Dieses übertriebene Herunterbremsen verursacht selbst Verkehrsunfälle. Der Stau potenziert sich also. Was sicherlich gut gemeint ist, bewirkt also gerade das Gegenteil. Die Sicherheit erhöht sich auch nicht. Fazit: Völlig unnötiges, ja sogar gefährliches Eingreifen in den Verkehr.

Eine volle Autobahn pegelt sich eh bei einer Geschwindigkeit zwischen 100 und 120 km/h ein. Alle Fahrer wissen, dass es eng hergeht und fahren konzentriert. Wenn die Vorfahrzeuge bremsen, wird dies sofort wiederholt. Wo also ein echter Stau z.B. durch Reduzierung auf eine Fahrstrecke entsteht, genügt der Selbstschutz der Fahrzeuglenker völlig. Auffahrunfälle kommen in der Regel nicht vor. Das Laissez-faire ist die beste Politik. Sie setzt auf die Verantwortung jedes Verkehrsteilnehmers. Die Leitgeschwindigkeiten gehören in das Regime der Planwirtschaft. Da fallen Selbsteinsichten immer schwer. Der Planwirtschaftler weiß ja immer alles besser. Doch in der Realität versagt sein System.

Noch so ein Wahnsinn spielt sich gerade nach der Autobahnausfahrt Pfaffenhofen Richtung München ab. Eine Baustelle war abgeschlossen, aber es stehen am Straßenbahnrand noch die Warnständer. So zählt diese Strecke noch als Baustelle. Dafür gibt es immer die 80 km/h. So wurde aus heiterem Himmel ein 80 km/h-Schild auf­gestellt ohne vorausgehende Geschwindigkeitsbegrenzung. Nach 200 Metern wird die 80-km/h-Begrenzung wieder völlig auf­gehoben. Einige Fahrer nehmen alles als Aprilscherz und fahren 140 km/h. Andere bremsen wie verrückt, um die 80 km/h einzuhalten. Warum diese Gefährdungen, diese Nötigung? Wenn rot-weiße Ständer am Straßenrand stehen, genügt doch diese Information zur Vorsicht. Aber es war keine Verengung der Straßenbahn mehr gegeben: Die 80 km/h sind völlig unnötig, eben
daneben. Wenigstens kamen die Verkehrs­polizisten nicht auf die Idee, Geschwindigkeitskontrollen an dieser Stelle durchzu­führen. Das wäre sonst auch ein Aprilscherz geworden. Leider ein teurer. Vor Gericht wäre er nicht anerkannt worden.
ek

Foto: Aleksandr Popov / Unsplash