Deutsche Automobilindustrie fällt zurück

Januar 29, 2025

Ein Profi in der Automobilindustrie hielt letzte Woche in Rosenheim einen umfassenden Vortrag über die Zukunft der Automobilindustrie: Prof. Dr. Dr. h.c. Sir Ralf Speth, früher Chef von Jaguar-Landrover, deshalb in Großbritannien zum Ritter geschlagen und in die Royal Academy aufgenommen, dem britischen Olymp der Wissenschaftler. Speth stammt aus Rosenheim und absolvierte dort die Hochschule, weshalb es dem Wirtschaftsbeirat Rosenheim gelang, ihn in seine Heimat zurückkommen zu lassen. Der Vortrag hatte freilich Weltniveau. Mit vielen Statistiken zeigte Prof. Speth, wo die deutsche Automobilindustrie heute steht und wie schwer es wird, gegen die Konkurrenz aus China zu bestehen. Die Krise von VW ist also nicht von der CDU aufgebauscht, um den Regierungswechsel herbei zu führen. Wir sind dabei, die Massenproduktion von PKW zu verlieren.

Wir wissen zwar, dass selbst BMW und Daimler in China einen Absatzeinbruch verzeichnen, doch betragen die Gesamtverkäufe Deutschlands nach Autozahl nur gut 4 Prozent. Die Masse an Autos produziert China selbst, wobei die Preise weit unter denen deutscher PKW liegen. Dabei setzt China voll auf die Elektromobilität. Nach Prof. Speth ist es nicht verwunderlich, dass China nun massiv in den europäischen Markt drängt, zumal in China ebenfalls Post-Corona-Kaufzurückhaltung herrscht. Die chinesischen Autohersteller halten wie die deutschen Überkapazitäten vor. Prof. Speth rechnete Deutschland und Großbritannien hoch an, in der Batterieforschung mithalten zu können. Umgesetzt wird aber alles in China und den internationalen Werken der chinesischen Hersteller.

Ähnlich wie Tesla im Börsenwert ein Vielfaches aller deutschen Autokonzerne beträgt, so treten in China neue Hersteller auf mit einer ähnlichen Dynamik. Das autonome Fahren wird in China bereits im Alltag eingesetzt. In der Qualität haben die Chinesen die Deutschen eingeholt. Prof. Speth sieht einen Luxusmarkt für deutsche Marken weltweit, also für Daimler, BMW und evtl. noch Audi. Hier muss alles besonders teuer und luxuriös für die Oberschicht ausfallen. Das Auto als Statussymbol bleibt also deutsch. Die hohen Kosten für Löhne und Energie in Deutschland sind gedeckt. Dennoch mahnt Prof. Speth, dass für den Luxus viele Innovationen nötig sind. Er blickt auch in das Silicon Valley. Dort wurde die Software für die Mobilität entwickelt, insbesondere auch das autonome Fahren entscheidend verbessert. Jedes Fahrzeug liefert eine gigantische Datenmenge. Sie wird genutzt, um die KI zu verbessern. Während deutsche Testfelder wie z.B. auf der A9 mit Internet arbeiten, wurde in den USA ein eigenes Datensystem entwickelt.

Prof. Speth sieht für den Verbrenner keine Zukunft. Die Motoren der Elektromobilität erfordern viel weniger Bauteile. Diese kommen in Europa von Zulieferern, viele davon sind mittelständisch. Der gerade laufende Stellenabbau bei Bosch & Co. trägt dem bereits Rechnung. Die Kostenstruktur des E-Autos ist völlig anders als beim klassischen Verbrenner-Auto. Viele Komponenten für die Batterie, das derzeit teuerste Bauteil, kommen aus China. So bleibt viel weniger Wertschöpfung für die deutsche Automobilindustrie. Daraus folgt eine drastische Verringerung der deutschen Leitindustrie, die in den letzten 20 Jahren in Deutschland für das Wachstum sorgte. Der Niedergang Deutschlands offenbart sich in der Schlusslichtposition beim Wachstum der Wirtschaft. Deutschland fiel im Ranking auch stark zurück. Hinzu kommen Mängel im Bildungssystem. Der Wohlstand Deutschlands kommt aus dem Know-how der Veredelung von Rohstoffen. Doch unsere Eliteuniversitäten wie TUM und LMU liegen weltweit im Ranking auf Position 32 und 35. Die Pisa Studien fallen bei uns immer schlechter aus.

Doch Prof. Speth schreibt Deutschland nicht ab. Es müsse neue Industrien entstehen, die Beschäftigung sichern. Das Bildungssystem muss verbessert werden. Eliten sind zu fördern. Es muss ein Ruck durch Deutschland gehen zu mehr Leistungsbereitschaft und vor allem die Geschwindigkeit der Erneuerung muss mindestens verdoppelt werden. Die deutsche Automobilindustrie hat ein Jahrzehnt der Unsicherheit, wohin die Reise geht, verstreichen lassen und zu wenig unternommen. E-Fuels sind zu teuer. Die Strafen für die Nichterfüllung der Klimaziele sind hoch. Fossiler Kraftstoff wird durch CO2-Zertifikate immer teurer. Weltweit hat die Dekarbonisierung eingesetzt, wobei wir in Europa meinen, der Rest der Welt tue für das Klima viel zu wenig. Prof. Spetk: „Zero-Emissionen sind derzeit nur mit der Elektromobilität zu erreichen.“ ek

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