Der Umsturz

Oktober 10, 2022

Im Wolnzacher Gewerbeverband gab es schon manche harte Diskussion um den Vorsitz. So war unter Michael Hohenleitner ein „Versicherungsdandler“, gemeint war Martin Stockmaier, nicht gut genug. So übernahm er als echter Preysingstraßenfachhändler und Handwerker den Vorsitz. Auch Autohändler gehören zur Eliteklasse. Albert Rossmann und Karl Straub führten so den starken Ortsverband. Die Zusammenarbeit mit dem Markt und seinem Bürgermeister gehört ebenso zu den Grundfesten der organisierten Gewerbetreibenden. So entstand aus dem Konstruktiv-Gemeinsamen der Marktservice – heute nicht mehr wegzudenken.

Doch dann begannen die Jahre, in denen der Verband froh war, überhaupt einen Vorsitzenden zu finden. Einstimmige Befürwortung gilt dann als garantiert. Julia Holzvoigt war die erste Frau im Vorsitz, wobei die Emanzipation im Wolnzacher Gewerbe schon längst selbstverständlich verankert ist. Die „Julia“ leistete sehr gute Arbeit. Sie konnte es mit allen durch ihre positive Art, ihren zähen Fleiß und ihr charismatisches Auftreten. Doch dann übernahm sie Julia’s Cafe, verwandelte den Marienplatz in ein Herzzentrum der Begegnung im Markt – aber zog sich aus dem Gewerbeverband zurück.

Sie konnte nur so überraschend abtreten, weil sie einen Nachfolger präsentierte: Nikolaus Schuster, den keiner kannte. Trotzdem fiel die Entscheidung für ihn einstimmig. Er kommt aus dem Service- und Verkaufsbereich, war also zumindest halb akzeptiert. Und Nikolaus Schuster tat alles, um dem Vertrauen in ihm gerecht zu werden. Er lernte sogar das Frei-Reden. In den Ausschuss hob er Freunde und Gleichgesinnte. Hier kam stiller Protest auf. Schließlich wurde er vom“ Zirkel der Macht“ aufgefordert zurückzutretten.

Es kam Corona und die Zeit stand still. So blieb Nikolaus Schuster im Amt bis zur regulären Neuwahl. Letzten Montag trat Alfred Hammerschmid, bisher Schriftführer, als überraschender Gegenkandidat auf – und setzte sich klar durch. Dabei war die Hauptversammlung so voll wie viele Jahre nicht mehr: Mitglieder wurden für ihre langjährige Treue geehrt und speziell aufgefordert, zu kommen.

Als 2. Vorsitzende trat Julia Herzvoigt auf, quasi um ihren Fehler wieder gut zu machen. Thomas Wallner, der nie 1. Vorsitzender werden wollte, übernahm das Amt des Schriftführers. Jakob Demmel löste Achim Glück als Kassier ab. Alles sehr demokratisch gelaufen, aber mit einer Brutalität, die Nikolaus Schuster nicht verdient hat. Aber die Leerstände rund um den Marktplatz konnte er nicht verhindern. Ob Alfred Hammerschmid es schaffen wird? Mit Julia Holzvoigt an seiner Seite gewiss. ek