Täglich kommen Wirtschaftsdaten in den Nachrichten wie z.B. der Anstieg der Arbeitslosigkeit, der Rückgang des Bruttoinlandsprodukts oder der Anstieg des Exports. Jede dieser Zahlen wirkt auf unsere Emotionen, besonders wenn sie als wichtig herausgestellt und mit entsprechender Dramatik in Bayern 5 oder der Tagesschau vorgetragen werden. Oft bringen diese Meldungen nicht das angekündigte Neue, sondern wiederholen sich aus früheren Erstmeldungen, die durchaus Monate zurückliegen. Noch schlimmer: Es braucht eine volkswirtschaftliche Ausbildung, um die Begriffe nicht nur zu verstehen, sondern sie auch noch richtig einzuordnen. Für den Fachmann nivelliert sich die Wichtigkeit meist schnell, da z.B. die Meldung des Vortags mit anderen Kennzahlen doch dasselbe ausdrückt.
Hin und wieder kommen gar redaktionelle Fehler vor, besonders gern wenn Eurokurse verkündet werden. Sie werden gerne mit dem Dollarkurs verwechselt. Für den Zuhörer, sprich Laien, wäre es sinnvoll, die Dinge ausführlicher zu erklären und ihre Position im Modell der Gesamtwirtschaft zu benennen. Die Wirtschaft ändert sich selten schlagartig. Meist sind es Entwicklungen. Eine wichtige Meldung wäre nur, wenn die erwartete Veränderung, also der geschätzte Wert überraschend anders ausfiele. Doch hier fehlt der Diplomvolkswirt in den Redaktionen. So schießen Meldungen aus den unterschiedlichen Institutionen herein, unterscheiden sich im Denkmodell, den Begriffen und du werden dann so in die Berichterstattung gestellt. Guter Journalismus würde die Sprache vereinfachen und die Beiträge dort abholen/interpretieren, woher sie kommen.
So müsste immer wieder klargestellt werden, dass der Ifo-Geschäftsindex sich aus Befragungen von Unternehmen ableitet. Da wird die spontane Meinung ausgedrückt, in die auch die Tagesform des Ausfüllenden und der Sympathiewert der Institution herein wirkt. Kein Ausfüllender hat die Zeit, die Angaben durch echte Zahlen zu kontrollieren. Da gleicht nur die große Zahl der Befragten Stimmungsunterschiede und die Tagesform aus. Der Index sagt aber nur aus, wo die Gesamtstimmung mit Lagebeurteilung steht. Ein Anstieg des Index bedeutet noch lange kein echtes Wachstum in naher Zukunft, sondern nur dass die Psychologie dafür gegeben ist. Natürlich prägt diese Massenpsychologie die Wirtschaft. Bei rückläufigen Werten wird der Abwärtstrend verstärkt. Man spricht von sich selbst erfüllenden Voraussagen.
Es gibt einen anderen Befragungswert, der eher selten in den Nachrichten genannt wird: der Markit Einkaufsmanager Index. Auch hier wird eine subjektive Meinung des Beantworters eingeholt. Doch sein Blickwinkel ist begrenzter und damit schärfer. Leider fehlt es auch hier an Fachleuten in den Redaktionen. Dieser Einkaufsmanager Index sagte nämlich in der letzten Jahrhundertkrise, der Finanzkrise 2008/09, die tatsächliche Entwicklung der deutschen Wirtschaft am besten voraus. Und das ist auch in der gegenwärtigen, doch viel größeren Krise, ein ernst zu nehmender Hinweis, wie schnell sich die deutsche Wirtschaft erholt. In der Titelgrafik findet sich die neueste Trendberechnung.
Die Sensation: 2008/09 sank tiefer und brauchte länger in der Sohle, während der Index 2020 das so heißersehnte „V“ abbildet. Wenn wir also Sorgenkinder der Industrie wie den Fahrzeug- und Flugzeugbau als Sonderfälle betrachten, dann hat sich die normale Industrie schnell und stark erholt. Auf die Realwirtschaft wird dies natürlich mit zeitlicher Verzögerung durchschlagen. Wir erden also schneller als von der Politik und den Medien erwartet zur Normalität zurückkehren, Arbeitslosenzahlen inklusive. Das umfasst natürlich nicht Dienstleistungen wie das Hotel- und Gaststättengewerbe oder Messen. Aber für sie zählt auch, wie die Gesamtwirtschaft die Krise meistert, wann und wie zur Normalität übergegangen werden kann. Wir werden Masken, Hygiene und Abstände einhalten, aber genauso ausgehen und einkaufen wie vor der Krise. Und die noch Gesperrten werden sich ihre Öffnungen einklagen. Der Prozess über die Angemessenheit der Einschränkungen der Grundrechte wird nicht nur das Gesundheitsministerium beschädigen, sondern bis zur obersten Heeresspitze durchschlagen. ek