Beim Hopfentag der IGN, heuer zwischen Hopfengärten im Aiglsbacher Ortsteil Buch wurde von allen Experten die Hopfenernte 2020 in ha-Ertrag und Alphagehalt als überdurchschnittlich eingestuft. Gepaart mit einer stark ausgeweiteten Fläche über alle Anbaugebiete ergibt sich so eine Allzeit-Rekordernte weltweit von über 63.000 t und über 13.500 t Alpha. Die USA expandierten trotz Warnungen auf 25.000 ha, Deutschland folgt mit 20.700 ha. Weit abgeschlagen auf Platz 3: Tschechien mit knapp 5.000 ha. Beim Ertrag rechnet Mario Scholz, Geschäftsführer der IGN, mit 42.600 t für die Hallertau. Kein Fachmann wollte weniger vorgeben. Dr. Willy Buholzer wettet für Deutschland mit über 1 Mill. Zentner.
Der Herkules zeigt jetzt schon sehr gute Alphawerte, womit die Schätzung von 5.200 t deutschlandweit zu niedrig liegen dürfte. Diese Woche stellt der Pflanzerverband seine Schätzung auf. Trotz hohen Schädlingsbefalls bei Peronospora, Mehltau, Erdflöhe, Spinne und neuerdings auch Welke meisterten die Pflanzer sie, um eine sehr gute Doldenqualität vermarkten zu können. Dazu halfen auch Notzulassungen. Bei fast allen Pflanzenschutzmitteln fehlte es an Zweit- und Drittmitteln, ja auch generell an Verfügbarkeit. Der Grund für Schädlinge und eine Superernte liegt im Wetter 2020. Es regnete im Juni und Juli ausreichend und die Hitzetage hielten sich in Grenzen, wenngleich die Wärme für das Alpha positiv wirkte.
Es fehlte letztlich auch bei der Handarbeit nicht an Saisonarbeitern. Einheimische ersetzten daheim gebliebene Polen. Insgesamt kamen aber doch hinreichend viele Polen, dank der guten Arbeits- und Unterbringungsverhältnisse. „Wir sind doch sehr familiär“, meinte 2. Vorsitzender Michael Eisenmann. Obwohl die Veranstaltung am 20. August stattfand, redete niemand vom Erntebeginn 2020. Er dürfte damit wie im Vorjahr bewusst nach hinten gelegt sein. Vermutlich wird in einer Woche mit den frühen Sorten begonnen werden müssen. Mit vier Kanzeln konnten die Gäste des IGN das Erlebnis Hopfen über den Gärten erfahren. Auch so wurde die beste Ernte seit vielen Jahren erkennbar.
Natürlich wurde beim IGN-Tag auch über den Preis nachgedacht. Mario Scholz drückte aus, was alle Experten wissen: Die Freihopfenpreise werden 2020 sinken. Derzeit werden keine Kontrakte geschlossen. Bei der hohen Vertragsquote besteht auch kaum Veranlassung dazu. Die Ernte 2020 wird also all das ausgleichen, was in den Vorjahren an Menge und Inhalt offen blieb. Die Überproduktion wird in die Läger von Brauern und Handel gehen. Dabei ist die Unsicherheit der Ernten 2021–2025 infolge des Klimawandels hoch. So muss mit der Ernte 2020 pfleglich umgegangen werden. Für Hochalphasorten werden Extrakte die Lagerkosten gering gehalten. Der Preisverfall am Freimarkt dürfte gering ausfallen.
Schwierigkeiten bereiten dem Handel die Aromasorten. Hier bestünden sogar aus den Vorjahren noch Lagerbestände. Andererseits zeigen Hüller Flavor-Hopfen im Klimawandel und Schädlingsbefall Stärken, die es rechtfertigen, sie im normalen Sudprozess stärker einzusetzen. Hierüber laufen bereits Diskussionen mit den Brauern. Warum zukunftsfähige Sorten roden, nur weil die Braurezepte zu traditionell stehen?
Adolf Schapfl, Präsident des Dt. Hopfenpflanzerverbands, sieht gelassen in die Ernte 2020. Bei Herkules bleibe alles stabil, Perle und Hallertauer Tradition wird es weniger treffen. Damit ist die Ernte größtenteils erfasst. Deshalb bleibt Schapfl optimistisch. Er freut sich über die „gute Ernte, die gute Qualität und das gute Alpha“. Der Standort Hallertau und Deutschland generell haben sich am Weltmarkt behauptet. Schwankungen von 10–15 Prozent seien normal.
Es sollte auch nicht übersehen werden, wie viel die Pflanzer in 2020 in den Pflanzenschutz investierten, um so ein gutes Ende zu erreichen. Auch das müsste in die Preise eingerechnet werden. Irgendwann werden sich alle Marktteilnehmer nach so einem exzellenten Erntejahr wieder sehnen. ek