Gerade noch diese Woche sind neun Gemälde von Ben Willikens im Deutschen Hopfenmuseum zu sehen. Vielen wird der Name nichts sagen, doch in Kunstkreisen, gerade bei Sammlern und Museen, zählt der heute 81-Jährige zu den ganz großen zeitgenössischen Meistern und wird in einem Atemzug mit Baselitz, Polke und Richter genannt. Zur Vernissage
letzten Freitag – wegen Corona zweimal verschoben, so dass sie eigentlich fast als Finissage bezeichnet werden müsste – kam auch ein Filmteam. Sie drehen über mehrere Jahre eine Dokumentation über Ben Willikens, finanziert vom Land Baden-Württemberg, der langjährigen Heimat Willikens. Der Film soll in die Kinos kommen. Willikens ist der bedeutendste Künstler dieses Bundeslandes.
Doch seine Werke finden sich in ganz Deutschland. Altäre in Kirchen und Deckengemälde in Gebäuden der öffentlichen Hand gehören ebenso dazu wie die Eingangshalle von Daimler-Benz und Gemälde in allen bedeutenden Museen. Reinhold Würth und Siegfried Weishaupt sammeln seine Werke in großer Zahl und sichern Atelierkosten und Mitarbeiter. Sein berühmtestes Bild ist der Raum des Letzten Abendmahls Leonardo da Vincis, aber ohne Menschen. Der Tisch wirkt wie aus einem Sezierraum entnommen. Zur Pressekonferenz in Mailand wurde es noch von einem Attentäter aufgeschlitzt. Heute hängt es restauriert im Frankfurter Architekturmuseum. Willikens war mit einem Schlag weltberühmt geworden.
Es folgten viele Raumbilder ohne Menschen, gemalt in den Abstufungen von Schwarz und Weiß, mit perfekten Projektionen, ins Licht drängend, angereichert mit symbolischen Gegenständen. Die Serie im Hopfenmuseum zeigt diese typischen Willikens an der Wand seines früheren Ateliers in Stuttgart hängend oder stehend, allerdings abgewandelt z.B. mit Wolken im Weiß des Himmels. Diese Spätwerke (ab 2009) zeigen auch vorsichtig eingesetzte Buntfarben. Eines erinnert an die Serie farbiger Raumbilder, mit denen Willikens in den Nullerjahren eine neue Periode einleitete.
Doch warum kommt so ein Klassiker der Moderne nach Wolnzach? Willikens lehrte an der Münchner Akademie vor 25 Jahren und wurde ihr Rektor von 1999 bis 2004. Seine Klasse stellte zum 100-jährigen Jubiläum des Wolnzacher Anzeigers 1997 in Wolnzach aus und so entstand eine gute Freundschaft mit dem Künstler, die bis heute währt. Die Ausstellung in Wolnzach ist ein Geburtstagsgeschenk zu seinem 80. Geburtstag, das er sehr gerne annahm. Er hatte 2006 auch schon ein Triptychon in Wolnzach gezeigt. Und nun eben eine ganze Serie, genannt „Floß“, mit Raumnummern. Im Willikens-Film wird Wolnzach vorkommen mit vielen Erklärungen Willikens zu diesen Bildern im Dialog. Professor Walter Grasskamp, ein Kollege aus der Münchner Zeit und einer der besten Kunstkritiker Deutschlands, ging am Abend auf diese Serie in seinem Vortrag ein. Den Text werden wir veröffentlichen.
Auch die Übernachtung im Haimerlhof sagte dem Ehepaar Willikens zu. Ben Willikens will wieder nach Wolnzach kommen. Er fand die Häuser rund um den Marktplatz und zu Beginn der Preysingstraße architektonisch sehr ansprechend. Wenn sie bis Mitternacht noch angestrahlt wären wie die Kirche, käme diese Schönheit erst so richtig zur Geltung. Auch das Lichtkonzept des Hopfenmuseums beeindruckte ihn: Durch die Überlagerung von drei Strahlen bekommen diese Werke eine Plastizität, wie sie Willikens zum ersten Mal wahrnahm. Auch der große Zuspruch an Gästen und das strikte Umsetzen des Hygienekonzepts gefielen Willikens. Der Abend wurde zu einer gelungenen Geburtstagsfeier – wobei das Unwetter einen Bogen um den Markt zog, so dass das Sommerfest voll im Freien genossen werden konnte. ek