Die „Wolnzacher Verhältnisse“ im Gemeinderat sind landkreisweit ein geflügeltes Wort. Während Vohburgs Bürgermeister Martin Schmid auf stete Mehrheiten im Stadtrat zählen kann – „wir kennen im Stadtrat keine Parteien“ –braucht Jens Machold oft starke Nerven, wenn ihm bzw. seiner Fraktion aus CSU und Freien Wählern von zwei, drei Oppositionellen das Leben schwer gemacht wird. Dabei sind Thomas Stockmaier und Josef Schäch aus dem Block der strikten Nein-Sager schon ausgezogen – auch optisch in der Sitzordnung. Mathias Boeck gibt dem Gemeinderat nur hin und wieder die Ehre. Aber wenn er an Bord ist, dann wirken Max Wallner und Dr. Peter Rech umso eifriger. Auch wenn sich im Ergebnis nichts ändert, die Sitzungen in Wolnzach dauern meist sehr lang.
Bei der Gemeinderatswahl 2020 wird sich gewiss dieser Block der Verweigerer wieder finden. Während Josef Schäch als starke Kraft in der neuen Bewegung „Gemeinsam für Wolnzach“ fungiert mit Ex-SPD-Frau Brigitte Hackl als Frontfrau und Bürgermeisterkandidatin, werden seine Fans diese GfW wählen. Trotzdem ist zu rechnen, dass es harte Oppositionelle auch in der Wählerschaft weiter gibt. Sie scheren sich nicht über die geringe Gestaltungskraft ihrer Gewählten, sondern wollen wie AfD-Wähler ihren Protest gegen das politische Establishment ausdrücken.
Doch bei der Wahl 2020 werden auch ganz neue Aspekte eine Rolle spielen: die Klimakrise und der Protest der Jugend. Dies bedeutet eine Zunahme der Grünen, also ein zweiter Sitz im Gemeinderat, womöglich sogar mehr? Oder gar der Einzug der ÖDP ins Wolnzacher Parlament? Hier ist bemerkenswert, was SPD-Realo OB Dieter Reiter über „seine“ Münchner letzte Woche in der Vollversammlung der IHK berichtete: Er kann mit Betriebsansiedlungen und neuen Arbeitsplätzen nicht mehr punkten. Alles Wachstum ist in weiten Kreisen verpönt. Selbst der dringend nötige Bau neuer, erschwinglicher Wohnungen wird zu verhindern versucht. Wann wird dies „auf dem Land“ ankommen?
Dabei bräuchte die Konjunktur dringend wichtige Impulse. Die Krise der deutschen Autoindustrie ist selbstverschuldet. Müssten nicht Lösungen auch von den Kandidaten der Kommunalparlamente kommen? Das „weiter so“ entspricht fast der Haltung der Münchner, die keine Veränderung mehr wollen. Aber Klimaschutz ist so nicht möglich. Er bedarf starker Innovationen und schnelle Umsetzungen. Man könnte auch von „Hoffnungsträgern“ unter den Kandidaten sprechen. Wäre nicht der Bewerber um den Landrat-Posten am geeignetsten, der wie ein Unternehmer denkt und agiert?
Großprojekte brauchen in Deutschland heute über 15 Jahre zur Umsetzung, seien es die Trassen, die den Windkraftstrom nach Bayern bringen oder der Ausbau der Schiene und des öffentlichen Nahverkehrs. Wie wenn der Klimawandel warten würde auf die Bürokraten! Wir können uns notorische Nein-Sager nicht mehr leisten. Zusammenarbeit heißt das Gebot der Stunde: lokal bis international. Dabei galt Wolnzach immer als sehr umsetzungsstark und innovationsfreudig. Andere Orte beneideten uns.
Die Vermeidung des Klimawandels braucht klare Orientierungen und Vorgaben, schnelle Umsetzungen und Zusammenhalt. Das beginnt in der EU und endet im Wolnzacher Gemeinderat. Konzepte sind von jeder Partei gefordert. Hier gibt sich z.B. die AfD eine große Schwäche. Mit ihrer Verneinung des Klimawandels haben sie sich die größtmögliche Blöße gegeben. Warum nutzen dies die demokratischen Parteien nicht besser? Stattdessen fürchten sie eine Erstarkung der Flügel. Der Kampf gegen den Klimawandel schließt auch den Kampf gegen die AfD mit ein. ek