Letzten Dienstag übernahm der Gewerbeverband Wolnzach die Rolle des objektiven Maklers und lud alle Bewerber um das Wolnzacher Bürgermeisteramt ein, sich vorzustellen. Rund 300 Wolnzacher nahmen das Angebot des Vergleichs an, ja sie waren über dieses neue „Format“ im Wahlkampf sogar dankbar. Die Durchführung entsprach ihren Erwartungen. Dabei lernten sie auch einmal die Spitzen des erfolgreichen Wolnzacher Gewerbeverbands kennen, quasi eine Nebenschau, zumal der derzeitige Vorsitzende Klaus Schuster den meisten aus gewerblichem Kontakt kaum bekannt war. Es wurde dem Präsidium des Gewerbeverbands dabei nicht vorgehalten, dass Jahre der wirklich unproblematischen Zusammenarbeit mit dem 1. Bürgermeister Jens Machold zurück liegen.
Lediglich in der Reihenfolge der Vorstellung hatte Machold ein Privileg: er durfte als letzter auftreten. Andererseits wäre auch denkbar gewesen, den langjährigen Amtsinhaber als ersten auftreten zu lassen. Zugegebenermaßen hätte das seine Eigendarstellung schwieriger werden lassen, hätte sie doch als Benchmark für Kompetenz, Bürgernähe und Umsicht gegolten, zusätzlich mit der Erschwernis, sich an den Zeitrahmen zu halten. Am Schluss brauchte Jens Machold nur auf die Highlights der Vorstellung der Vorgänger zu reagieren.
Andererseits bedeutet solch ein Abend nicht eine Vorentscheidung. Ein Fernsehduell wäre in seiner Reichweite viel einschneidender. Immerhin zeigten 300 Bürger Demokratiebewusstsein, was keinen schlechten Prozentwert bedeutet. Gewonnen hat also die Demokratie im Markt auf jeden Fall. Auch für den Gewerbeverband brachte dieser Abend eine Bedeutungssteigerung bei den Bürgern neben der Selbstdarstellung. In anderen Orten wäre das nicht möglich gewesen. Das „Wolnzach-Moment“ wurde also ausgespielt: Der Gewerbeverband hält eine starke Rolle im Marktgeschehen inne und relativ sogar im ganzen Landkreis.
Der Gewerbeverband liefert aber nur die Plattform, übernimmt die Organisationsarbeit. Doch er wird auch von allen Kandidaten wie ein Presseorgan respektiert und ein Wegbleiben wäre negativ gewertet worden. Es fand kein „Erdrutsch“ im politischen Geschehen des Marktes statt. Keiner von ihnen, den Amtsinhaber ausgeschlossen, rechnet sich freilich eine echte Chance aus. Der bekannteste Bewerber, Werner Hammerschmid, unterlag bereits zur letzten Wahl und ist mit seiner SPD alles andere als im Höhenflug. Wird es überhaupt in Wolnzach zu einer Stichwahl kommen? Jens Machold eckte zwar bei einigen CSU-Stammwählern in persönlichen Dingen an, doch in der Demokratie zählt die Gesamtsumme. Ein Amtsinhaber in Bayern ohne Skandal/Shitstorm und mit Präsenz und Bürgernähe hält einen 50-Prozent-Vorsprung in seiner Pole-Position, unabhängig von seiner Partei. Die Bürgermeisterwahl ist eine Persönlichkeitswahl geblieben. ek