Mit Einbruch der Nacht setzte sich am Freitagabend vom Gymnasium ein langer Konvoi aus Traktoren, LKW, Transportern, PKW und was sonst noch vier Räder besaß Richtung Rohrbach in Marsch. Fast eine ganze Stunde dauerte der Zug durch Wolnzach. Jeder 10. Bulldog zeigte ein Protestschild wie „Schluss damit“, gemünzt auf die Streichung der Dieselsubventionen für Landwirte. Seit Montag demonstrieren die deutschen Bauern, meist mit ihren großen Traktoren. In Wolnzach sollte aber kein Verkehr lahmgelegt werden. Da die Demo ordentlich gemeldet war, sorgte die Polizei für Absperrungen zur Autobahn und an der Hopfenstraßen-Kreuzung.
Entlang der Preysing-, Auen- und Wendenstraße schauten viele Wolnzacher zu, zeigten Sympathien für das Anliegen der Landwirte. Hinzu kam eine gewisse Begeisterung – gerade bei den Männern – für Traktoren und Fahrzeuge. So eine Technik-Schau gab es schon lange nicht mehr im Markt. Welchen Zulauf Oldtimer-Treffen verzeichnen, diese Zuneigung traf am Freitag ins Schwarze, gepaart mit Freude an Hupen und Rabatz. Die Landwirte waren nicht nur auf ihre gelungene Solidarität stolz, sie freuten sich, positiv die Herzen der Wolnzacher erobern zu können. So schön kann Demokratie sein! Keiner regte sich über eine Einschränkung des Verkehrs auf. Das Erlebnis der Teilhabe an so einem besonderen Ereignis dominierte. So entstand auch kein Trittbrett für Rechtsradikale.
Wolnzach zeigte, dass der Markt nicht nur zu demokratischem Protest fähig ist, sondern dass er auch ein Zentrum für die Landwirte bedeutet. Genau hier sollte die Aktion stattfinden. Und alle kamen. Wegen der hohen Beteiligung musste die Demo eine dreiviertel Stunde früher einsetzen als erwartet. Ob der Protest die Berliner Politiker zum stärkeren Einlenken bewegen wird? Sie wollen sich auch nicht erpressen lassen. Mit den Traktoren wurde gezeigt, wen die Subventionskürzungen treffen. Kein Zweifel, dass ein begünstigter Diesel für klimaaffine Grüne schon lange ein rotes Tuch darstellte, quasi ein No-go. Doch den Landwirten geht es nicht um das Diesel an sich – einmal abgesehen, dass er sonst seinen Traktor nicht betreiben könnte –, sondern um eine vermehrte Belastung ihrer Einkommen. Die Hopfenbauern mussten schon zwei schlechte Ernten verkraften, gepaart mit Preisexplosionen bei Energie und Pflanzenschutz. Da passen nicht Steuererhöhungen oder gestrichene Subventionen. In einer Rezession braucht es Unterstützung durch den Staat und nicht das Gegenteil. Deshalb schlossen sich auch Fuhrunternehmer (Mauterhöhung), Handwerker (Energiepreise) und Gastronome (Wegfall Mehrwertsteuer-Senkung) den Traktoren an. ek
Foto: Eduard Kastner