Auch zwei Wochen nach dem Besuch der Partnerstadt schwingen die positiven Erlebnisse nach. Es scheint, dass sich eine Kommunikationsbarriere auflöste. Womöglich bestand sie gar nicht, wurde nur so empfunden. So waren die Wolnzacher Besucher in Sorge, dass die anderen Delegationen eine stärkere Beachtung fänden. Das war überhaupt unbegründet und zeigte sich schnell. Bürgermeister Dejaegher verbrachte mit den Wolnzachern den Gewerbeverbandsabend und schaute beim Verbrüderungsabend der Schützen vorbei. Im Festzug wirkten Marktkapelle und Schützen groß mit. Sie durften die besondere Stellung der letzten Beiträge einnehmen, also wenn es vor dem Ende die absolute Steigerung gibt. Der Wagen für die hallertauer Hopfenkönigin als 3. Höhepunkt der Bayern in Poperinge war vorbereitet. Er fuhr dann mit früheren belgischen Hopfenmajestäten.
Das Wochenende nach sechs Jahren des Stillstands war immanent wichtig. Gerade bei zunehmenden Verständigungsschwierigkeiten der Konversationen in Deutsch. Dann müssen Blicke und Bewegungen die Sprachmängel überbrücken. Dennoch hielten unsere Vertreter die Ansprachen in Deutsch. Der Poperinger Bürgermeister verlas seine Botschaft in vier Sprachen. Uns wurde nicht verübelt, dass wir keine Plämischen Worte als Gastgeschenke mitbrachten. Andererseits übertraf die Hopfendolden-Lampe von Natalie Ponsot alle anderen Geschenke bei weitem. Ja, Wolnzach ist unter den Gästen die No. 1. Das kommt von beiden Seiten.
Wir lernten in Poperinge erfolgreiche Unternehmen kennen wie z. B. die Bernardus-Brauerei im Ortsteil Watou. Das lässt uns auf der anderen Seite alles unternehmen, die einzige Wolnzacher Brauerei nicht ganz zu verlieren: die Urban Chestnut Brewery soll ihren Firmensitz in Wolnzach behalten. Auch aus dem Festzug der Poperinger kann wieder vieles an Anregung mitgenommen werden. Durch die Verkündigung des Jahres ’25 für das Wolnzacher Gegenstück durch Bürgermeister Jens Machold, wurde in Poperinge Klarheit geschaffen, wann die Flamen erst wieder nach Wolnzach eingeladen werden. Das wird in zwei Jahren aber auch um so herzlicher vorgenommen.
Das Gerede vom Niedergang der Partnerschaft ist genauso unsinnig wie die Abstempelung der deutschen Wirtschaft zum Bremser in Europa. Aber wer von Brüssel nach Poperinge fährt, sieht wie viele starke Unternehmen die Autobahn säumen. Die Belgier hegen sicherlich keine Minderwertigkeitsgefühle gegenüber der bayerischen Wirtschaft. Aber ist das nicht das Ziel der europäischen Einigung gewesen? Europa wird mit solch einer Partnerschaft und den Besuchen gelebt – und geschätzt. Wir erkennen, wie sinnlos Kriege sind. Mit friedlicher Einigung in Freiheit und Rechtsstaatlichkeit ist doch mehr zu gewinnen als durch Zerstörung, Repression und Angst. Um so unverständlicher die Ideologie der AfD, die Europa und Demokratie bekämpft und auf der Seite Putins steht. Wer sie wählt, unterstützt diese Ideologie.
Eigentlich schade, dass das 50-jährige Jubiläum der Partnerschaft kaum in den Reden Erwähnung fand. Andererseits kann nicht gesagt werden, es sei übersehen worden. Das kann nur mit Post-Covid erklärt werden, in Verharrung in einer Starre, in der ein Jubiläum zu viele Emotionen freisetzte. Aber alle Feste können nachgefeiert werden. Warum soll nicht auch einmal ein 55-jähriges Jubiläum begangen werden. Mit Corona ist alles erklärbar. Wichtig ist nur, dass diese Starre gewichen ist der großen Herzlichkeit der Begegnung. Es bringen sich Leute ein, die wir so nie gekannt hatten.
Andererseits sind es die Eliten auf beiden Seiten. Wer die vielen Besucher, Zuschauer und Teilnehmer des Festzuges wahrnimmt, erkennt, wie groß Poperinge ist, dass viel weniger als 1 % der Bevölkerung an den Verbrüderungsfeierlichkeiten teilnehmen, die Partnerschaft leben. Im Bierzelt fielen die Wolnzacher nur auf der Bühne auf. In Wolnzach waren es immer 3-4 Tische, die die Poperinger im Volksfest belegten. Um so wichtiger, dass das ganze Poperinger Bierzelt die Wolnzacher Marktkapelle feierte. Ja, Bier und Hopfen verbinden. ek