Es gibt sie doch noch: Volkswirtschaftler, die den Politikern nicht nach dem Mund reden, sondern klar die Fehlentwicklungen blosstellen. Prof. Dr. Stefan Kooths, Institut für Weltwirtschaft Kiel, ist einer dieser Frontmänner. Er kritisiert die Ampel-Regierung ebenso wie die neuesten Maßnahmen der EU. Als Marktwirtschaftler und Mitglied der österreichischen Hayek-Gesellschaft stellt er die CO2-Bepreisung und -Zertifikate als beste Lösung dar, die Transformation der Wirtschaft zu bewältigen. Verbote und Gebote schmälern die Wirkung, so wie sie gerne die Grünen und auch die EU aussprechen. Meist kommen dann noch Festlegungen auf gewisse Technologien durch die Politik hinzu. Dann aber wird es aus volkswirtschaftlicher Sicht teuer.
Sehr bedenklich hält Prof. Kooths die überbordende Bürokratie und Auflagen aus anderen Zielen wie z.B. das Lieferkettengesetz, um z. B. Kinderarbeit auszuschließen. Es kommen zu viele Brüche in der Lieferkette und zu hoher Rechercheaufwand zusammen. Nach Prof. Kooths wäre es besser, die Lieferanten kämen zu Wohlstand und werden dann ihre Kinder lieber in die Schule schicken. Die EU-Taxonomie stört ebenso die Wirtschaft. Sie besagt, dass nur noch nachhaltig agierende Unternehmen durch die Banken finanziert werden sollen. Auch wenn diese EU-Vorgaben sich nur auf Großunternehmen beziehen, so wirkt dieses Gedankengut bei Banken durchgängig.
Da auch andere Ziele dazu gepackt werden, hätten z.B. Rüstungsunternehmen vor dem Ukraine-Krieg kaum mehr Kredite erhalten. Waffen galten als unmoralisch. Das hat sich nun aber völlig geändert. Doch die Rüstungsindustrie wurde soweit heruntergefahren, dass nun die Kapazitäten allein schon für die Versorgung der Ukraine fehlen. Die EU-Taxonomie verleitet auch zum Green-Washing. Überhaupt könnten Großunternehmen mit EU-Vorgaben besser umgehen. Ihre Lobbyarbeit kommt bei Zuschüssen voll zum Tragen, während Klein- und Mittelbetriebe das Ausfüllen der Anträge auf Zuschüsse kaum bewältigen. Gerade die neue Gebotspolitik läuft über Zuschüsse. Prof. Kooths steht allen Zuschüssen sehr kritisch gegenüber. Produkte sollen am Markt sich durchsetzen. Statt dessen werden aus Einführungssubventionen meist Dauersubventionen. Die Staatsfinanzen sind aber zu konsolidieren.
Gern zitiert Prof. Kooths den früheren Leiter des Kieler Instituts, Prof. Herbert Giersch. Er forderte schon 1993 eine Marktwirtschaft, die technologieoffen und innovativ aufzustellen sei. Giersch war ein Vertreter der Angebotspolitik d.h. der Staat setzt die Rahmenbedingungen des Wirtschaftens und hält sich darüber zurück. Nur so kehren die Kräfte des Marktes zurück. Prof. Kooth sieht in den nächsten Jahren ein viel zu geringes Wachstum der deutschen Wirtschaft. Um Reformen anzugehen, bedarf es eines hohen Leidensdrucks. Ohne Innovationen wird die Klimapolitik scheitern. Diese Neuerungen müssen weltweit greifen. Das werden sie, wenn sie günstiger sind als die herrschenden Prozesse/Güter.
Es wäre also gut, die CO2-Bepreisung auf alle Gebiete auszudehnen und über die EU hinaus einzuführen. Andererseits greift sie nur bei Marktwirtschaften. Wegen der hohen Energiepreise, des Fachkräftemangels, der Bürokratie, langwierigen politischen Entscheidungen z.B. bei Baugenehmigungen und der ideologischen Einengung findet eine Abwanderung der Industrie aus Deutschland bereits statt. Damit geht ein Wohlstandsverlust einher. Aus der derzeitigen psychologischen Rezession könnte also eine reale Rezession entstehen. Deutschland steht damit am Ende der europäischen Volkswirtschaften. Prof. Kooths wehrt sich aber gegen eine sog. „Industriepolitik“ Deutschlands, also einer Festlegung, welche Industrien in welcher Größe anzustreben sind. Dies entspringt einer Subventionsmentalität. 10 Mrd. € Zuschuss für die Ansiedlung eines Chipwerks in Deutschland bzw. pro Arbeitsplatz 1 Mio. € ist eine große Sünde. Sie zeigt, wo wir wirtschaftspolitisch gelandet sind. ek