Alljährlich stellt das Prognos-Institut beim Verband der Bayerischen Wirtschaft sein Monitoring der Energiewende vor. Alles wird dargelegt bis ins letzte Detail. So wurden auch die Strompreise 2022 analog zu den Gaspreisen gebracht und für die Wirtschaft als zu hoch erkannt. Doch die Stromkosten würden nur 5 % des Inlandsbruttoprodukt betragen, wodurch eine Analyse als nicht dringend angesehen werde. Darauf angesprochen, dass in 22 von der Wirtschaft und den privaten Haushalten rund 200 Mrd. € für den Strom zuviel bezahlt wurden – die sogenannten „Übergewinne“ – geriet die Merit-Order-Regelung des Strommarktes doch unter Druck. Die Referentin, Frau Dr. Kirchner, merkte an, dass das Problem von der Politik doch erkannt sei. Die hohen Preise des Stroms aus Gas seien in der Diskussion. Es werde angestrebt, die Herstellungspreise von Windstrom als Referenz für den Marktpreis einzusetzen.
Dass es gerade der Windstrom ist, kommt aus der Vorliebe der Grünen für erneuerbaren Strom. Kohlekraftwerke als Referenz hätten zwar den Charme gehabt, dass die Betreiber von Windrädern einen Zusatzgewinn weiter verbuchen hätten können, wodurch ein Anreiz besteht, in Windräder zu investieren. Doch wie die Proteste von Lützerath zeigen, hat die Kohle ein zu großes Negativimage bereits. In einem Vortrag beim Wirtschaftsbeirat erklärte der Referent, ein Kohleimporteur, dass es durchaus möglich sei, bei der Kohleverstromung das CO2 einzufangen und unter Boden klimaneutral einzulagern. Doch dieses Verfahren würde nicht angewendet. Das Aus kam schon unter der Regierung Merkel. Warum das nun nicht neu überdacht wird? Dann hätte die Verlängerung der Laufzeiten von Kohlekraftwerken keinen Einfluss mehr auf das Klima. Denn es wird nicht gelingen, so viele Windräder aufzustellen, dass die Transformation von Verkehr und Industrie gelingt. Auch dauern die Mega-Stromleitungen vom Norden in den Süden zu lange.
In der gleichen Veranstaltung erklärte ein Vertreter E.ONs, wie marktkonform die Preisbildung am Strommarkt erfolge. Dieses Merit-Order-Verfahren bestimmt immer den Preis aus dem Angebot an Strom und der Nachfrage. Fast wären die Zuhörer auf diese Pseudo-Marktwirtschaft hereingefallen. Doch die Börse setzt auch den Kurs einer Aktie außer Kraft, wenn außerordentliche Ereignisse den Kurs ad absurdum führen. Das ist aber am Gasmarkt eingetreten aufgrund der Abhängigkeit Deutschlands vom Putin-Gas und aller damit verbundenen Spekulationen. Wie der Gaspreis explodierte der Strompreis. Da hätte in den „Markt“ eingegriffen werden müssen. Doch die Regierung ignorierte das Marktgeschehen.
Die Preisbildung aus Angebot und Nachfrage ist das marktwirtschaftliche Grundprinzip. Doch wenn das Angebot begrenzt ist, führt eine erhöhte Nachfrage zu einer unverhältnismäßigen Preiserhöhung. Am Strommarkt sind Atomstrom, Wasserkraft und Biogas fix, Kohle nur in geringem Umfang marktflexibel, während Windkraft marktunabhängig in einem nach oben begrenzten Umfang zur Verfügung steht. Solarstrom ist an Jahres- und Tageszeiten gebunden und damit nicht grundlastfähig, weshalb er am Strommarkt nicht teilnimmt. Es zeigt sich, dass eine Segmentierung des Strommarktes von großem Vorteil wäre: jeder Anbieter erhielte für seinen Strom den Herstellungspreis (inklusive einer normalen Gewinnmarge). Die Menge wird nach dem Bedarf abgenommen. Dann kämen Kohle und Gas ganz am Schluss dran. Aus den einzelnen Marktsegmenten wird ein Durchschnittspreis ermittelt – das wäre der Marktpreis, den die Nachfrager zu zahlen hätten. Damit entstünden keine Übergewinne, würde der Strompreis so niedrig als möglich ausfallen und kämen die teuersten Verfahren nur so weit zum Tragen, als sie in der Spitze benötigt würden. ek