Mark Drobinsky, der russische Cellist mit dem dichten Bart, spielte öfters in der Wolnzacher Pfarrkirche, brachte russische Symphonieorchester nach Wolnzach. Neben dem Belgier Patrick de Hooghe zählt er zu den Glücksfällen klassischer Musik in Wolnzach. Letzten Donnerstag gab er ein Konzert im Münchner Künstlerhaus, begleitet von Simon Addas-Reyss am Flügel, mit Werken von Joseph Haydn, Enric Casals und César Franck. Drobinsky verzauberte das Publikum mit seiner Virtuosität und dem hervorragenden Klang seines Testore-Cellos. Auf Addas-Reyss wartete ein nagelneuer Steinway-Flügel, Größe D. Da flitzten die Finger nur so über die Tasten. Der Steinway bestand seine Einstandsprüfung.
Eigentlich hätte das Konzert 2020 stattfinden sollen, zum 80. Geburtstag Drobinskys. Doch die Corona-Einschränkungen verschoben den Auftritt auf über zwei Jahre. So fiel er in das 125-jährige Firmenjubiläum der Kastner AG bzw. des WOLNZACHER ANZEIGERS. Inzwischen sind die russischen Truppen in die Ukraine eingefallen. Ein Russe als Starmusiker auf der Bühne? Doch Drobinsky lebt schon seit über 20 Jahren in Paris. Er steht auf der Seite des Westens, der Freiheit. Demonstrativ spielte er keinen russischen Komponisten. Es wurde ein Konzert für den Frieden. Wer hätte das alles 2020 geahnt?
Offiziell spricht Drobinsky nicht über den Krieg. Bei einem weiteren Besuch Russlands müsste er mit Repressalien rechnen, wenn er seine Position ausdrückt. Doch Russen haben gelernt zu schweigen. Beim Thema Krieg blickt er aber traurig, er schämt sich für Putin. Sein Auftritt ist ihm um so wichtiger: Nicht über einen Kamm geschoren zu werden mit Putin-Sympathisanten, nicht als Russe per se verdammt zu sein. Haltung bewahren – Drobinsky spielte ein Solo, was er bisher noch nie aufs Programm setzte. Diese positive Kraft löste Begeisterung bei den Zuhörern aus. Alle spürten, dass er die Position des Westens mitträgt, aber auch unter dem Blutvergießen, dem Sterben seiner Landsleute leidet. Musik kann dies auch in der Form der Interpretation ausdrücken.
Drobinsky kündigte das letzte Stück, den Großen Tango von Astor Piazolla, in Deutsch an: „Eine kleine Zugabe“. Aus ihr wurde ein ganzes Stück, kam nochmals die große Leidenschaft zum Ausdruck. Gerne nahm er unter tosendem Applaus die weiße Lilie als Zeichen des Friedens entgegen. Nach dem Konzert gestand Drobinsky, dass er München immer geliebt hat. Doch er erinnerte sich auch an seinen Auftritt im Gutsgarten des Klosters Scheyern vor 20 Jahren. Die Jahre sind an ihm fast spurlos vorüber gegangen. Sein Vortrag hat nicht nachgelassen. Noch spielt er alle Stücke ohne Noten. Der Notenständer – neu auf der Bühne – dient nur als Schutz. ek