Bayern prescht voraus in der Handhabung der Corona-Epidemie. Staatstragend verkündet Söder die neuen Bestimmungen. Den anderen Bundesländern bleibt eigentlich nichts anderes übrig, als mitzuziehen. Die Bundeskanzlerin ist völlig außen vor. Für Laschet eher eine Demütigung. Wie gut hätte ihm das neue Konzept gestanden, zumal er ja Ministerpräsident von Nordrhein-Westfalen ist. Bemerkenswert ist auch das Vorgehen Söders. Am Mittwoch verkündet er in einer Pressekonferenz den neuen Weg. Dann hält er fast dieselbe Rede am Donnerstag im Landtag als Regierungserklärung. Wozu da noch eine Abstimmung? Söder treibt alle vor sich her.
Dabei sind viele Punkte logisch und überfällig. Gerade von der Inzidenz abzurücken und auf die Krankenhäuser in der Covid-19-Belegung zu blicken, kann nur als klug bezeichnet werden. Auch unsinnige Beschränkungen in den Geschäften verschwinden nun. Das Bekenntnis, dass es keinen Lockdown mehr geben wird, folgt aus der Rechtslage: es können keine Einschränkungen von grundgesetzlichen Freiheiten vorgenommen werden, wenn sie unverhältnismäßig oder unwirksam sind. Wenn nun Präsenzunterricht angesagt ist, begibt sich die Politik freilich auf ein sehr schwieriges Terrain. Da die Inzidenzen steigen und die vierte Welle nun mal Realität ist, bringen vermehrte Tests nur erhöhte Quarantänen. Wenigstens blieb die Maskenpflicht im Unterricht. Sicherlich werden sich alle impffähigen Jugendlichen nun auch die Spritze geben lassen.
Dier vierte Welle trifft die Nichtgeimpften. 90 % der Covid-19-Patienten in den Krankenhäusern sind Nichtgeimpfte. Dass dies Jüngere sind, folgt aus der zögerlichen Haltung der STIKO. Sie offenbarte, dass die Nebenwirkungen durchaus ernst zu nehmen sind. Sonst gäbe es keine Abwägung. Es werden sich durch die 3-G-Regelung sicherlich viele Unentschlossene impfen lassen: ständige Tests werden nicht nur ab Mitte Oktober teuer, sie sind auch lästig. Noch dazu helfen sie per se nichts. Vielmehr steigt das Risiko, doch noch in Quarantäne geschickt zu werden. Denn eines ist hinter vorgehaltener Hand klar: alle Nichtgeimpften werden sich auf kurz oder lang infizieren. Es kommt zur Durchseuchung der Kitas und Grundschulen. Alle Genesenen werden sich später impfen lassen. Wer keine Symptome aufwies, wird auch von der Impfung kaum etwas spüren. Und der schwerer Erkrankte will die Krankheit nicht noch einmal durchleiden. Allerdings ist der richtige Abstand von Krankheit zur Impfung erst noch zu erforschen.
Die neuen Lockerungen sind ein Parforce-Ritt in hohe Inzidenzwerte. Auch wenn sie offiziell nicht mehr die Beschränkungen auslösen, so sitzen sie uns doch fest im Sinn. Hohe Inzidenzwerte werden die Bürger freiwillig zu vermehrter Vorsicht treiben, skeptische Ungeimpfte umstimmen. Am Ende der langen vierten Welle gilt die 4-G-Einteilung: Geimpfte, Getestete, Genesene und Gewesene, wobei die Getesteten immer weniger werden. Der ungetestete Impfgegner bleibt zuhause, wird zum Covid-19-Eremiten. Nach der vierten Welle gibt es keine fünfte mehr, wenn keine neue Mutante alles wieder umstößt und genügend Impfstoff zur Verfügung steht – weltweit. ek