Die Jahrhunderthochwasser an der Paar und Ilm schlugen sich in Wolnzach, wenige Kilometer entfernt, nicht nieder. Die Wolnzach stieg zwar kräftig an, doch alle errichteten Wände hielten. Der Markt kann über die vorgenommenen drei Stufen der Hochwasser-Freilegung sehr froh sein. Nicht einmal auf dem Gelände der ARS-Altmann kam es zu Schäden. Nach einem Höchststand in der Nacht auf Sonntag verloren sich die Fluten sehr schnell. Am Sonntag war von Hochwasser keine Rede mehr. Es muss zwar eingeräumt werden, dass im Wolnzach-Tal nicht so viele Niederschläge fielen wie im Ilmtal. Der große Druck an Wasser aus dem Süden wie in den Hochwassern des letzten Jahrhunderts kam nicht. Wir hatten also doppeltes Glück: Die zu bewältigenden Wassermassen entsprachen den Berechnungen, die der Hochwasserfreilegung zugrunde lagen.
Was sich aber von Pfaffenhofen bis Manching abspielte, kann nur als Katastrophe bezeichnet werden. Der Landkreis Pfaffenhofen wurde zum Hotspot Deutschlands. Selbst Bundeskanzler Olaf Scholz kam nach Reichertshofen, begleitet von einem Ministeraufgebot und von Ministerpräsident Markus Söder, der am Sonntag schon sich in Pfaffenhofen umsah. Durch den ertrunkenen Feuerwehrmann aus Ehrenberg kam zusätzliches Leid hinzu. Der zweite gekenterte Feuerwehrler galt zwischenzeitlich als vermisst. Doch er muss irgendwie wieder lebend aufgetaucht sein. Das wäre schon eine Meldung wert gewesen.
Erstaunlich, wie lange sich die Wassermassen hielten. Wer am Montagmittag auf der B 13 von Ingolstadt nach Reichertshofen fuhr, sah nur ein paar Felder, die sich in Seen verwandelt hatten, konnte aber nicht ahnen, welches Bild sich für die Politiker in Reichertshofen bot.
Wir können auch von einem dritten Glück sprechen: Die Stromversorgung Wolnzachs blieb immer stabil. Doch am Montag kamen Mitarbeiter aus dem Landkreis nicht zur Arbeit. Einige mussten sogar evakuiert werden bei Freunden. Die Solidarität in der Not war vorbildlich. Natürlich halfen unsere Feuerwehrleute den Kollegen in Rohrbach und Pfaffenhofen nach Kräften. Es gab sehr viele Keller auszupumpen. Von der Staatsregierung kamen 100 Mio. € als Soforthilfe schnell an die Verteilstellen. Wieviel Bürokratie bei der Ausreichung an die Geschädigten entsteht, ist noch nicht bekannt. Landrat Albert Gürtner versprach, höchste Pragmatik walten zu lassen.
Ob die Hochwasserfreilegung im Ilmtal verbessert werden kann? Darüber zerbrechen sich die Fachleute die Köpfe. Ideal wäre, wenn nur so viel Regen wie in Wolnzach niederginge und dafür die Hochwasserschutzvorrichtungen hielten. Die Technik zu dieser Superlösung soll in diesem Sommer in der Hallertau getestet werden: das Regnen-Lassen mit der Weathertec-Technologie. Mittels Stromimpulsen werden Wolken zum Abregnen gebracht. Um in einem Unwetter unseres Ausmaßes eingreifen zu können, müssten die Stromabgabemasten schon installiert sein. Die Regenmassen kamen aus dem Mittelmeer. Wenn die Wolken auf dem 1.000-Kilometer-langen Anweg gezielt abgeregnet worden wären, wäre für Süddeutschland nur ein Bruchteil übriggeblieben.
Meteorologen erkennen solche Unwetterwolken auf dem Anmarsch. Das Problem ist also beherrschbar. Doch wir wissen daraus, dass der Aufbau dieser revolutionären Technik über ganz Europa nötig ist. Ein Denken in nationalen Grenzen würde zu kurz greifen. Eine Verbrüderung Europas ist also auch aus wetterbedingten Gründen nötig. Wenn die Tragweite dieser Technik endlich von den Politikern erkannt wird, kommen mit ihr viel preiswertere Lösungen für Trockenheit und Unwetter. Wieviel Leid und Schäden können damit abgewehrt werden. Eigentlich sollten alle Geschädigten des Jahrhunderthochwassers für diese Technik auf die Barrikaden gehen. ek
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