Der schwäbische Fernseh- und Rundfunkmoderator überraschte mit einem Büchlein „Der Appell von Jesus an die Welt – Liebe und Frieden sind möglich“, zu dessen Herausgabe heute schon Zivilcourage gehört. Einerseits outet er sich als überzeugter Christ, andererseits bringt er reichlich Kritik an der katholischen Kirche an: Das ist nicht die Religion, wie Jesus sie lehrte. Verbote und Bestrafungen der Kirche ersetzten die ursprüngliche Begeisterung vom neuen Reich Gottes. Für viele ist dies eine interne theologische Debatte – sie haben sich von der Kirche schon verabschiedet. Doch auch für sie übt die Vision einer neuen Weltordnung eine gewisse Überraschung und womöglich Faszination aus. Alt wagt sogar ein fiktives Gespräch mit Jesus, um die Ideen Jesus verständlich werden zu lassen.
Es geht um den echten Frieden auf der Erde. Jesus wird ja in den Evangelien immer wieder zitiert mit „meinen Frieden gebe ich Euch“. Welchen Frieden meinte Jesus, gleich zu setzen mit dem „Neuen Bund“? Alt knüpfte zur Interpretation die Verbindung zu den Glückseligkeiten der Bergpredigt, die die Kernbotschaft Jesus ausdrückt. Sie mündet in die Nächstenliebe und die Gewaltlosigkeit. Ein Mahatma Gandhi habe mehr bewegt als Tausende von Soldaten. Mit Rache und Gewalt werde neuer Unfrieden gesät. Echter Frieden komme aus dem Herzen und ist pazifistisch.
Die Israelis setzen auf Abschreckung. Nach dem Massaker der Hamas vom 7. Oktober betreibt der Gaza-Krieg die Zerstörung der ganzen Enklave. Damit kann zwar die derzeitige Hamas vernichtet werden, doch die Grausamkeiten schaffen eine neue Hamas. Der Kreislauf der Gewalt setzt sich fort. Nach Alt wollte dem Jesus eine totale Absage erteilen. Das „Gottesreich“ der Juden basierte aus „Zahn um Zahn“, das Gottesreich des Jesus will Vergebung, Feindesliebe. Wegen der Diskrepanz der Lehre Jesu zum Alltag aus Macht und Gewalt schwenkte die Christenkirche ein, als sie zur Staatskirche aufstieg. Der Sieg des Teufels?
Die 68-er Friedensbewegung „make love no war“ war sicherlich christlich abgeleitet, tendierte aber mehr zur Liberalisierung des Sex anstelle von Mehrung der Nächstenliebe. Doch Toleranz ist eine Vorstufe zum Frieden. Heute leitet sich die Philosophie Jesus aus ganz anderen Notwendigkeiten ab: Kann sich der Planet noch so viel Wohlstandverschwendung durch Krieg und Waffen leisten in Anbetracht schwindender Lebensräume, mehr Naturkatastrophen und zurückgehender Welternährung aus dem Klimawandel? Braucht die Welt nicht eine verbindliche Schlichtungsstelle, Abbau aller Waffen inkl. der weltbedrohenden Atombomben und den Übergang zu Substaaten nach dem Modell Europas? Das ist das Anliegen von Franz Alt. In Jesus Philosophie sieht er weniger eine Religion fürs Jenseits als eine Überlebensformel für den Planeten.
Franz Alt wagte einen Denkanstoß, zu dem die Religionen, insbesondere die christlichen, (noch) nicht in der Lage sind. In Anbetracht der Machtblöcke USA, China und Russland bedarf es an offensichtlich innerer Waffen, sie aufzubrechen. „Fridays for Future“ ist eine Bewegung, die in diese Richtung geht. Greta Thunberg scheiterte an ihrer christlichen Grundhaltung, als sie die Aggression Israels gegen die Bevölkerung von Gaza verurteilte. Doch da ist noch viel im Fluss. ek
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