Borderline-Politik

März 27, 2023

Wenn ein Mensch nur nach Gut oder Böse einstuft, also zu keinen Abwägungen fähig ist, wird von einem Borderline-Syndrom gesprochen. Es gilt als starke Störung, andere sprechen von einer Krankheit. Die Diskussionen, die derzeit in Brüssel zur Klimabekämpfung geführt werden, gleichen Borderline. Für die Grünen werden Verbrenner, Kohleverstromung, ja sogar Wirtschaftswachstum als durch und durch böse verurteilt. Solar, Windkraft und Elektromobilität sind völlig gut. Leider konnten sie mit dieser Borderline-Einstufung schon viele andere Politiker gewinnen. In der Gesetzesregelung, 2035 die Herstellung von Verbrennungsmotoren in der EU zu verbieten ohne Wenn und Aber, drückt sich das aus.

Dabei wurde 2022 in der Vorentscheidung die Ausnahme, dass Verbrenner weiter in Verkehr gebracht werden können, wenn sie mit CO2-neutralen Kraftstoffen betrieben werden, nach kurzer Diskussion in den Entwurf aufgenommen. Warum sollten auch Verbrenner – und Flugzeugtriebwerke – verboten werden, wenn sie mit CO2-neutralen Kraftstoffen sich nicht mehr klimaschädlich auswirken? Doch nun sollte dieser Passus unter den Tisch fallen. Die Verbrenner müssen einfach weg. Grund: Weil sie schon so viel Klimaschaden angerichtet haben. In der Diskussion wurden aus klimaneutralem Brennstoff E-Fuels. Das ist ein Totschlagargument, da E-Fuels, wie sie heute hergestellt werden, sehr teuer kommen. Und wenn die Ausnahme ausschließlich für E-Fuels gilt, dann kann sie gleich gestrichen werden mangels Marktvolumens. Ist der Verbrenner einmal weg, dann darf er niemals mehr zurück. Das sehen wir bei der Atomkraft in Deutschland.

Die Ausnahmeregelung muss auf „klimaneutrale bzw. CO2-neutrale Brennstoffe“ ausgerichtet sein. Wenn es uns gelingt, sie z. B. aus land- und forstwirtschaftlichen Abfällen herzustellen – unanhängig vom Preis – dann sollen sie darunterfallen. Diese Technik wird in 2023 der Öffentlichkeit vorgestellt. Das Perfide daran für die Grünen: Das so gewonnene Benzin und Diesel sind günstiger als Kraftstoffe aus Erdöl. Das war der Hauptgrund, weshalb die Mineralölindustrie sie bis heute ausschalten wollte und konnte. Als Habeck darauf hingewiesen wurde, soll er in Borderline nur zurück gegeben haben, es gäbe nicht genügend Rohmaterial an biologischer Masse. Doch bei nur etwas Nachdenken zu Bagasse-Bergen, Abfallverbrennungen u.v.m. hätte er differenzierter antworten müssen.

Was Habeck & Co. überhaupt nicht in den Sinn kommt, dass CO2 aufgespalten werden könnte in Kohlenstoff und Sauerstoff. Da hat Habeck freilich die herrschende Physik auf seiner Seite. Doch nur mal gedacht: wenn dies möglich wäre, könnten Kohlekraftwerke CO2-neutral produzieren – übrigens auch Zementwerke – und für Habeck & Co. noch schlimmer: Der Verbrenner könnte für das Klima fahren, das Flugzeug mit den jetzt bestehenden Turbinen für das Klima fliegen, also auch auf Kurzstrecken. Alle Verbrenner würden dann zu rollenden oder fliegenden Bäumen. Ein Verkehrsminister Dr. Volker Wissing antwortet auf diese Vision: „Ich wünsche bei diesem Unterfangen, CO2 aufzuspalten, viel Erfolg“.

Dabei sind Vorversuche schon positiv verlaufen. Mit einem Katalysator gelang es, dass kein CO und kein CO2 übrigblieben. Es geht also, freilich braucht es noch entwickeln. Die Kinderkrankheiten sind zu überwinden. Der Erfinder schätzt die Kosten auf 2 Millionen €. Doch Grüne denken nur noch in Milliarden, also findet sich sofort ein Totschlagargument: Was so billig käme, kann nichts taugen. Die Zementindustrie folgt der herrschenden Physik, gibt auch kein Geld. Selbst die Automobilindustrie zeigt kein Interesse. VW fiel der FDP – und der CSU – in den Rücken und verdammte mittlerweile den Verbrenner. Auf solche Stimmen hören leider fast alle Europaabgeordneten. Aber können wir es uns überhaupt noch leisten, eine klima-positive Technik zu ignorieren? ek