Kaum ein Verband gibt sich zu seiner Pressekonferenz so viel Mühe wie der Bayerische Brauerbund. Auf den Journalisten warten sehr viele Grafiken in der Pressemappe, Hauptgeschäftsführer Dr. Lothar Ebbertz trägt sie mit viel Elan vor, weiß immer noch weitere Details, kann jede Frage sofort beantworten. Letzten Donnerstag war es wieder soweit. Alle Zahlen waren brandneu. Wer kann schon Anfang Februar das abgelaufene Jahr so ausführlich darstellen? Noch dazu aus mehreren Quellen, die nicht im Haus liegen. Die Presse dankt dies mit einem vollen Haus und unmittelbarer Berichterstattung im Radio und dem Bayerischen Fernsehen. Es waren aber Inhalte, die früher in Bayern einen Volksaufstand auslösten: Das bayerische Bier wird teurer. Heute wird es zur Kenntnis genommen. Schließlich wird alles teurer.
Dabei konnte Brauerbundspräsident Georg Schneider aus Kelheim zunächst mit sensationell guten Neuigkeiten aufwarten: Schon 2022 hatten es die bayerischen Brauer, als einzige in Deutschland das Ausstoßniveau von 2019 übertreffen (+ 0,7 %). Deutschland lag im Durchschnitt, inklusiv Bayern, noch bei -4,9 %. Bayern erreichte das zweitbeste Gesamtabsatzergebnis seit 1997. Dabei kommt diese Bayern-Power auch von sehr vielen Mittelständlern. Mit Volksfesten und sonstigen Feiern steht auch viel Lebensfreude hinter dem Absatz. Es kann in der Statistik aber auch nicht weggeleugnet werden, dass dennoch der Pro-Kopf-Bierkonsum fällt. Gerade sind es 90 Liter pro Bayer und Jahr. Ohne Steigerung des Exports (+ 1 % seit 2019, Exportquote 24 %) wäre der Absatz auch in Bayern zurück gegangen – trotz der Freude der Bayern an ihrem Bier. Jeder dritte Liter deutschen Biers, das außer Landes geht, wird in Bayern gebraut. Nach Nordrhein-Westfalen liegt auch die Gesamtbiermenge Bayerns an der Spitze.
Dr. Ebbertz deutet die bayerische Brautüchtigkeit auch mit dem Wachsen der Nachfrage nach der bayerischen Spezialität, dem Hellen. Das Weißbier war einmal der Star der bayerischen Brauer. Heute dominiert es bei den alkoholfreien Bieren (61 %), die auch deutlich gestiegen sind (+ 10 %) und bereits 8,75 % aller bayerischen Biere bestreiten. Das alkoholfreie Weizen ist kaum vom normalen Weizen im Geschmack zu unterscheiden. Der alkoholfreie „Russe“ hatte sogar 58 % Zunahme. Viele bayerische Brauer vertreiben ihr Bier über Gaststätten. Die Wiedereröffnung nach der Pandemie beflügelte so auch die heimischen Brauer. Es hätten die bayerischen Brauer also Grund zu jubeln, noch dazu mit guten Zukunftsaussichten, gerade im weltweiten Export. Doch Präsident Schneider stellte fest, dass das Gros der Mitglieder in den roten Zahlen stecke. Schneider: „Wir leben von der Substanz.“
Die Ursache dieser Katastrophe liegt in horrenden Preissteigerungen. Vom Malz (+ 90 %), Glas (+ 70 %), Kronkorken (+ 120 %) bis zur Energie (+ 750 %) liefen den Brauern die Herstellkosten davon. Selbst der Hopfen stand mit + 35 % zu Buche, wobei doch eigentlich stabile Preise aus den Vorverträgen garantiert werden und die Hopfenpflanzer die Inflation tragen. Doch die Minderernte wird durch teurere Zukäufe oder vor allem Lagersorten vom Handel ausgeglichen und den Brauern in Rechnung gestellt. Bei den Personalkosten (+ 7 %) wollten die Brauer ihre Mitarbeiter in Gentleman-Manier nicht im Inflationsregen stehen lassen, obwohl das Geld für Lohnerhöhungen fehlt. So gibt es nur ein Ventil: Die Bierpreise werden angehoben auf breiter Front. Wer noch Aktionsbiere v.a. Pils zum Ramschpreis über den Handel anbietet, sei selbst schuld. Aber die Brauer können ihre Kostensteigerungen nicht vollständig an die Biertrinker weiter geben. Es sollen „moderate“ Preiserhöhungen werden. Womöglich sinkt dann aber auch der Bierkonsum. So sind die Preissteigerungen vor allem ins Ausland zu tragen: Qualität hat eben ihren Preis.
Eigentlich spielte der Hopfen auf der Pressekonferenz keine Rolle, abgesehen von der einen Zahl im Kostengefüge. So musste in der Diskussion darauf hingewiesen werden, dass bei erneuter Trockenheit in 2023 eine Erntemenge folgt, die die Grenzen der Versorgungssicherheit zeigt. Mit trockenheitsunempfindlicheren Hopfensorten kann diesem kurzfristigen Problem nicht begegnet werden. Geschäftsführer Walter König, der Rohstoffexperte und Hopfenliebhaber, will ein Regnen-Lassen durch Weathertec unterstützen, wenn die Hüller Forscher es für nötig halten. ek