Dramatische Leerstände

August 08, 2022

Am Freitag räumte der Laden „Wäsche Träume“ am Marktplatz aus. Die Geschäftsaufgabe ergab sich nicht während oder durch Corona, sondern ganz einfach, weil die Parkplätze für die Kunden vor dem Laden vom Markt ersatzlos gestrichen wurden. Auch das ehemalige Merkel-Haus ist leer geräumt. Der Gosseltshauser Ambiente-Store Rossini stellte in den Schaufenstern viele schöne Dinge aus. Er räumte, um Kosten zu sparen, aber auch weil die Eigentümergemeinschaft das denkmalgeschützte Haus verkaufen will. So suchen sie keinen Nachmieter. Der dürfte auch schwierig zu finden sein: Die Mauern sind feucht, es muffelt. Aber vielleicht findet sich im Immobilien-Hype ein Investor, der das Haus generalsaniert?

Die Parkplätze entfielen auch entlang der „Post“ und dem Sanitätsgeschäft – einfach durch absolutes Halteverbot für den Wirtshausbesucher und Kunden des Sanitätshauses. So staut es Parkende am Marienplatz, mit der Folge, daß ein Kunde von auswärts sich schwer tut, in der Nähe seiner angesteuerten Geschäfte sein Auto abzustellen. Während des Augusts entfällt auch der Volksfestplatz, der größte Puffer. Ein Kunde verzichtet dann auf einen Einkauf ohne akuten Bedarf oder Anlaß. Unser Superladen „Aroma“ ist davon betroffen.

Auf der rechten Seite des Rathausplatzes findet sich so nur noch das Schuh- und Bekleidungsgeschäft von Rosemarie Beck. Der vorbildliche Laden verführt geradezu zum Einkaufen. Doch die Ladeninhaberin schimpft: „Wenn mir nicht das Haus gehören würde, wäre ich auch schon weg“. Zu ihr kommen Kunden im Umkreis von 100 km. Sie suchen im Markt ein Einkaufs- und Bewirtungserlebnis. So freut sich Rosi Beck über den neuen Italiener „Da Livio“ auf der anderen Straßenseite. Auch zur „Post“ ist es nicht weit. Doch beide Gastronomien haben am Dienstag Ruhetag. Neuerdings ist auch Julias Café am Dienstag noch nicht geöffnet. Auf erste Anfrage wäre „Da Livio“ bereit, seinen Ruhetag auf Mittwoch zu verlegen.

Es bedarf mehr solcher konzertierten Aktionen. Hier kommt auch der Markt-Service der Gemeinde in Einsatz. Das Team von Michaela Eisenmann und Vera Wolf war früher immer so stolz, jeden Leerstand weg bekommen zu haben. Andere Orte stellen in die leeren Schaufenster Kunstwerke und fördern damit die Kultur. Wolnzach wirkt gerade wie erschlagen von so vielen Rückschritten. Es braucht zum Einkaufserlebnis auch gute Geschäfte. Doch nach Strasser’s Weingalerie schloß Schreibwaren Bäck – ersatzlos. Und nun auch noch der NKD. Hier wäre ein „Edeka Express“ ideal. Doch wird der Inhaber die dazu nötigen Investitionen vornehmen? Auch der Akustik-Filialist „Seifert“ hat aufgegeben.

Für den Kunden von außen zählen die Läden und Bewirtungen im Umkreis von 100 Metern vom Rathaus. Hier muß das Angebot so interessant sein, daß sich die Fahrt nach Wolnzach lohnt. So kamen früher Ingolstädter, um Adolf Häußlers handgefertigte Pralinen einzukaufen. Wo soll der Kunde heute parken? Nur Insider wissen, wo Parkplätze fast immer zu finden sind. Ein positives Einkaufserlebnis spricht sich herum. Einen Edeka, Penny, Aldi und Lidl haben doch alle größeren Orte. Sie sind gut für die heimische Bevölkerung, insbesondere für die Ortsteile. Doch auch sie schätzen das Fachangebot, das Besondere im Zentrum.

Alle brauchen alle – so könnten die gegenseitigen Abhängigkeiten beschrieben werden. Wer aufhört, schädigt alle anderen mit. Irgendwann gibt es dann nur noch Filialisten und leere Schaufenster. Die Bezeichnung „Genussort“ wäre dann Hohn. Selbst die Bezeichnung „Markt Wolnzach“ würde zur leeren Hülse. Natürlich haben die Fachgeschäfte in allen Städten ihre Probleme. Der Online-Kauf nimmt ihnen Potential. Corona und ihre Lockdown wirkten wie ein Brandbeschleuniger. Das Land braucht für die Mobilität die Autos. Parkplätze sind ein Lebensnerv für Geschäfte. Jeder Parkplatz, der entfällt, muß einen Ersatz in unmittelbarer Nähe bekommen. Der Kunde muß ihn leicht finden können. Die vorhandenen dürfen nicht von den eigenen Mitarbeitern belegt sein. Es muß wieder Kundenorientierung zurückkehren bzw. ihre Verstärkung. Auf Grund der Gewerbesteuer weiß ein Markt, welche Geschäfte und Gastronomien an der Kippe stehen. Ihnen unter die Arme zu greifen, ist Gebot der Stunde. ek