Fehler im Gesundheitssystem

April 25, 2022

Das öffentliche Wesen kennt wenig Eigeninitiative. Wie in der Planwirtschaft muss alles von oben angeordnet werden. So haben Impfzentren derzeit wenig Zulauf. In der Marktwirtschaft würde das Personal schnellstmöglich dem Bedarf angepasst. Nicht so in den öffentlichen Impfzentren. Dort warten im Landkreis Pfaffenhofen immer noch mehr als 40 Mitarbeiter auf Impfwillige. Ein Zehntel würde es auch tun bzw. die Hausärzte könnten diesen Job vollständig ausüben.

Ähnlich widersinnig verhält es sich mit den vorgehaltenen Impfdosen. Rund 50 Millionen werden demnächst das Verfallsdatum erreichen. Anstatt sie rechtzeitig über die Covacs-Initiative in Entwicklungsländer zu verfrachten und dort zu verimpfen, werden die deutschen Impfdosen vernichtet. Selbst Eigeninitiativen sind untersagt. Auch der bayerische Gesundheitsminister Holetschek gehört zu den Verbietern. Bei den engagierten Ärzten wird ihm jede medizinische Kompetenz eh schon aberkannt. Holetschek ist eben ein Politiker und kein Mediziner wie Karl Lauterbach. Der deutsche Gesundheitsminister rauft sich die Haare, was in seiner Ampel-Koalition alles aus dem Ruder läuft – aus medizinischer Sicht.

Doch die übermäßigen Lockerungen werden gerade von den Inzidenzzahlen gestützt. Sie sinken wirklich. Vermutlich hilft das Wetter. Der Sonnenschein treibt die Menschen ins Freie. Es kann aber auch sein, dass weniger getestet wird. Der leichtere Verlauf der Omikron-Variante lässt sie zur zweiten Grippe werden. Und wer denkt schon an Long Covid, wenn er sich mit Zigtausenden im Fußballstadium austobt? Doch auch in der Medizin herrschen viele Methoden, die nur ein wenig wirken, weil die biologischen Zusammenhänge nicht bekannt sind.

So wird in der Krebsbehandlung zwar die Früherkennung praktiziert und bei einem Befund schnell operiert. Doch dann wird wie bei Medizinmännern aus dem Busch Voodoo-Therapie betrieben. Frauen werden nach erfolgreicher Brustkrebsoperation und nachgewiesener Ganzkörper-Gesundheit noch Jahre mit Hormonsenkern behandelt. Dabei haben sie bei einem Rezidiv nur sehr geringe Verzögerungswirkung. Beim Primärtumor können sie in höherem Alter den Verlauf Einhalt gebieten. Auch palliativ haben sie sich bewährt. So wird diese positive Wirkung verallgemeinert, ohne die echten Zusammenhänge zu verstehen.

Ein solcher Hormonsenker, Tamoxifen, geht gerade aus. Die Pharmaunternehmen haben den Preis so kaputt werden lassen, dass sich eine Herstellung nicht mehr rechnet. So kommt Panik bei den Frauen auf, denen Tamoxifen fälschlicherweise verschrieben wird. Natürlich wäre es vernünftig, wenn ein Hersteller das Produkt wieder fertigt und den Preis so anhebt, dass sich das für ihn lohnt, ohne wegen höherer Gewinne die Konkurrenz auf den Plan zu rufen. Das übernimmt gerade Hexal. Doch viel sinnvoller wäre es – gesünder und billiger –, Tamoxifen richtig zu verschreiben, und zwar bei effizienter Vernichtung der Streuung mit einem anderen Mittel. Diese Streuung, besser bezeichnet als DTC, sitzt im Knochenmark – und nur dort. Doch damit kommen wir tief ins Medizinische. Fakt ist, dass heute niemand mehr am Rezidiv sterben müsste, wenn der Primärtumor entfernt wurde und es bei Therapiebeginn noch keine Metastasen gab.

Übrigens: Dieses bahnbrechende Therapieverfahren lässt sich nicht (mehr) patentieren. Somit zeigen Pharmafirmen kein Interesse, die Zulassung spezifisch zur Rezidivverhinderung zu betreiben. Die Rendite ohne Patentschutz ist ihnen zu niedrig. Es schließt sich ein Kreis des Irrsinns unseres Gesundheitssystems. Dieser kostet Millionen von Patienten jährlich das Leben. Doch die Medizin ist auch noch nicht aufgeklärt. So treffen „Unwissenheit“ und „Gewinnsucht“ zusammen. Die Pharmaindustrie würde die Aufklärung übernehmen, wenn sich das Geschäft für sie lohnte. Muss das Patentamt umdenken? ek