Habecks Credo

Januar 17, 2022

Der neue Wirtschafts- und Klimaminister Robert Habeck ging letzte Woche in die Offensive: Die Energiewende müsse stark beschleunigt werden, Windkraft und Sonne sollen so schnell als möglich 80 % des Stroms liefern. Dazu müsse die 10-H-Regel Bayerns bei Windkraft fallen, was natürlich per Bundesgesetz möglich ist. Die Bayerische CSU stampfte auf. Aber das ist bei allen Großprojekten mittlerweile die Regel: Es sind immer welche dagegen. Die Freien Wähler lachen sich ins Fäustchen. Wollte doch Aiwanger die Nord-Süd-Stromtrassen nicht unterstützen, was bedeutet, dass Bayern seine eigenen Windräder aufstellen soll. Erschwerend in dieser Posse kommt hinzu: in Bayern weht nicht der nötige Wind, d.h. einer, der immer bläst, damit die Versorgungssicherheit der Industrie mit Strom gegeben ist. Von der Sonnenenergie weiß auch der hinterste Politiker, dass mit ihr im Winter die Lichter ausgehen.

In dieser verfahrenen Lage rechnen Stromfachleute vor, dass die angedachte Fläche für regenerative Energie von 2 % der Landesfläche überhaupt nicht ausreicht, den Strombedarf Bayerns abzudecken. So folgt die Ampel mittlerweile der Vorregierung und FDP und SPD propagieren nun öffentlich, dass Gaskraftwerke zu bauen sind. Als Wirtschaftsminister bleibt Habeck nichts anderes übrig, als dies zu tolerieren. Produktionsstillstände wegen Energiemangels überlebt ein Wirtschafsminister politisch nicht. Also doch Nordstream II verteidigen? Plötzlich steht Habeck im wirtschaftspolitischen Sumpf, im dem die grünen Energien die Wirtschaft gefährden und faule Kompromisse aus Sicht des Klimas zu schließen sind. Die Folge: Das gewünschte Tempo der Veränderung will einfach nicht aufkommen.

So befällt Habeck die Tragik wie wir sie von den Titelfiguren Shakespear’scher Dramatik kennen, während Annalena Baerbock ihrem Namen in der Außenpolitik gerecht wird, wenn auch sehr kindlich wirkend. Nun kann Habeck ihr nicht mehr beistehen, hat seine eigenen unlösbaren Probleme, zumindest aus Sicht des propagierten Aufbruchs. Die Franzosen und Niederländer rüsten derweil schon mal mit Atomkraft auf, um der absehbaren Stromnot der Deutschen zu helfen. Während von der Leyen keine Skrupel bekommt, die Atomkraft aus Sicht des Green Deals für grün zu erklären, können die deutschen Grünen dem beim besten Willen nicht folgen: Ihre Partei stammt aus der Gegnerschaft gegen Atomenergie.

Wenn dann auch noch die Polen die frei werdenden CO2-Kontingente des deutschen Kohlestroms ausnutzen und ihre Kohleverstromung ausbauen, dann ist das politische Drama perfekt. Energiepolitik kann nur auf europäischer Ebene betrieben werden. Vielleicht erleben wir in einem Jahr andere Visionen Habecks? Womöglich wird Nordstream 2 eingesetzt, um Putin in der Urkaine-Frage einlenken zu lassen? Wie sollen Sanktionen gegen Russland laufen, wenn Nordstream 2 Putin viel Geld in die Kasse spült? Mal sehen, ob dies Annalena Bearbock morgen so in Moskau vorträgt. ek