Den Kampf um den Kanzlerkandidaten der Union beendeten beide Kontrahenten auf ihre Weise: Söder erkannte das Votum des Parteivorstands der CDU an und der CDU-Vorsitzende sorgte in dieser Sitzung für seine Mehrheit. Dieses Vorgehen könnte auch dargestellt werden, dass der Klügere nachgegeben hat. Der Riss ging mitten durch die Union. Söder konnte diesen Machtkampf nicht gewinnen. Eine gespaltene Union verliert nur. Aus bayerischer Sicht ist so der schlechtere Kandidat zum Zuge gekommen. Markus Söder hat sich hier das Image des Machers erobert, während Armin Laschet eigentlich keines hat. Die Basis – in ganz Deutschland – meinte, dass Söder den Wahlkampf besser gewänne als Laschet. Sie reicht über alle Parteigrenzen. Ein Trostpreis für den Verlierer.
Doch in der CDU und gerade in Berlin wird anders gedacht als in Bayern. Es herrscht mehr Abstand zum bayerischen Ministerpräsidenten und das eröffnet einen klareren Blick auf sein Wirken und seine Persönlichkeit. Die Abstimmung im CDU-Vorstand war mehr eine Ablehnung Söders: Er herrscht in Bayern wie ein Autokrat. Keine Entscheidung in Bayern ohne die Zustimmung Söders. Seine Minister haben sich von Eigeninitiativen zurückgezogen. Wer in Bayern einen Blumentopf gewinnen will, muss zu Markus Söder gehen. Berlin, Deutschland und Brüssel wollen sich dies nicht bieten lassen. Es wird an die Zeit nach Corona gedacht, an das Ringen um Mehrheiten in der EU. Söder wäre zum Napoleon geworden.
Die machiavellischen Züge sind bekannt. Seine Gegner finden sich dort, wo er wirkte: in Nürnberg, im Bayerischen Umweltministerium und bei abgesetzten Ministern. Auch Horst Seehofer wollte ihn so lange als möglich verhindern. Sein Urteil über Söders Charakter kennt Berlin und die ganze Republik. Für Söder sei die Macht das Ziel und nicht nur ein Mittel, um einen Staat verantwortungsvoll zu führen. So sehen ihn Nicht-Bayern als Populisten. Viktor Orban lässt grüßen. Auch in Bayern besteht die Gefahr, dass Kritiker Söders mundtot gemacht werden, dass die Pressefreiheit eingeschränkt wird. Söder kann hervorragend reden, zeigt Empathie und spricht ständig von seiner Verantwortung. Dazu hilft ihm seine Stimmlage eines Tagesschau-Sprechers. Doch wenn das Lächeln aus seinem Gesicht schwindet, zeigen seine Gesichtszüge das Gegenteil von Empathie, ja nicht einmal Sympathie. Diesen Mann möchte niemand zum Feind haben.
Armin Laschet ist genau das Gegenteil. Um so mehr er sich in die Öffentlichkeit begibt, findet er Zuspruch, Sympathie. Er kann der Kandidat der Herzen werden. Seine vermittelnde Art schafft Mehrheiten und nicht Untergebene. Auch die Bayern werden ihn bald für sich gewinnen. Laschet hat nun die Chance seines Lebens. Wenn er dazu die Größe bringt, wird die Union siegen, zumindest mit dem nötigen Abstand zu den Grünen. Die CDU behält mit Laschet ihre Urteilsfähigkeit. Mit Frau Baerbock werden viele Unionspolitiker verhandeln, wenn der Koalitionsvertrag ausgestaltet wird. Auch mit Laschet besteht die Chance, dass es soweit kommt. Rot-rot-grün wäre für die EU eine Katastrophe. ek