Österliche Bräuche

März 29, 2021

Weihnachten ließ sich mit Nikolaus, Weihnachtsmann, Christbaum und den darunter liegenden Geschenken wesentlich besser kommerzialisieren als Ostern. Das liegt sicherlich daran, dass Ostern durch die Kreuzigung und den Tod Christi belastet ist. Auch wenn die Auferstehung groß gefeiert wird, so blieb immer eine Thomas’sche Ungläubigkeit selbst in den Kirchen erhalten, so wie niemand mehr die Himmelfahrt Christi als reales Ereignis unterschreibt. Es liegt also ein gewisses Minenfeld rund um Ostern. Die Wirtschaft stürzt sich nicht mit Kaufdruck alias Marketing auf die Bürger. Nur ein Osterhase mit seiner Leichtigkeit hüpft sorglos über dieses Gefahrengebiet. Für die Kinder bringt er die Eier – aber woher? – dann legt er sie also doch selbst. Ein echter Transgender dieser eierlegende Osterhase.

Wesentlich unverfänglicher sind da Palmbüschel als Symbol der Hoffnung. Der Frühling erleichtert die österliche Tragik, wobei das Datum der Hinrichtung Jesu authentisch ist. Wir übersehen auch, dass das Passah-Fest, das Ostern zugrunde liegt, ein Fest der Freude war. Es erinnert an den Auszug der Juden aus Ägypten, zugleich dem Beginn der Aufzeichnungen des Alten Testaments, der jüdischen Identität, des auserwählten Volkes. Dass so kurz davor Jesus noch hingeschlachtet wurde, lässt schon eine besondere Dramatik und Verbitterung aufkommen. Sie ging im Frühling, im neuen Leben der Natur verloren. Emotional passt die Auferstehung viel besser zu Ostern als die Kreuzigung. In den Kirchen wird das Osterfest für viele Rituale genutzt wie Weihe des Taufwassers oder der Osterkerze. Ostern ist für die Kirchen wichtiger als Weihnachten. So konnte die Politik sich heuer nicht mehr durchsetzen, an Ostern die Gottesdienste zu untersagen. Letztes Jahr wurden die Kirchen überrumpelt und folgten nach dem Motto, der Klügere gibt nach! Heuer waren alle Konfessionen aber bestens vorbereitet. Ministerpräsident Söder – selbst einst Ministrant – knickte sofort ein. Das setzte sich schnell in der ganzen Bundesrepublik durch, auch wenn die Ex-DDR-Länder eher ein gespaltenes Verhältnis zu den Kirchen haben – obwohl die Wir-sind-das-Volk-Bewegung aus Gotteshäusern kam.

Erhalten blieb der Brauch des Segnens von Speisen zu Ostern. Meist bestehen sie aus Geräuchertem, Brot und gekochten Eiern, also schwere Kost. Früher durften die geweihten Eierschalen auch nicht in den Müll wandern. Sie wurden ordentlich im Garten vergraben. Immerhin stellt dieser Brauch das tägliche Brot in den Mittelpunkt bzw. die Dankbarkeit des Menschen, dass er es hat. Dem liegt auch die Eucharistie zugrunde. Jesus hinterließ als „Befehlsbrauch“, Brot und Wein in der Gemeinschaft zu teilen, eingesetzt am Gründonnerstag. Es ist eine magere Hostie davon übrig geblieben, aber immerhin hält dieses Symbol der Kirche seit 2000 Jahren. Ein Ende ist nicht absehbar. Kein Staat hat so lange überlebt.

Interessanterweise verzichtet der Islam auf solche Symbole und Bräuche. Sind sie eher typisch für Europa? Sie geben Heimat und Geborgenheit. Menschen, die es lieben, sich in Tracht zu kleiden, brauchen so etwas. Darum hat es der profane Osterhase auch schwer, sich unter diese religiösen Bräuche zu mischen. Eigentlich kann er sich nur als Schokoladenhase unter Schokoladeneiern behaupten. Erwachsene schmähen mittlerweile Süßigkeiten und besonders Schokolade. Dem Osterhasen ergeht es wie dem Schnee in den Alpen. ek