Letzten Donnerstag hielt ein österreichischer Ingenieur, Robert Lechner-Schobel, im Wirtschaftsbeirat der Region Ingolstadt einen sehr beachtenswerten Vortrag über eine Energiequelle, über die in Deutschland totale Ahnungslosigkeit herrscht: die neue Fusionsenergie. Zwar dürfte vielen bekannt sein, dass die EU-Milliarden in das ITER-Projekt investiert. Doch ob aus dem Reaktor an der Rhône, genau in Cadarache nördlich von Aix-en-Provence, jemals der Durchbruch der sogenannten „heißen“ Fusionsenergie kommt, steht in den Sternen. Der gewählte Weg, über ein extrem heißes Plasma in einem Magnetmantel zu gehen, scheint an der nötigen Größe zu scheitern.
In Garching, am Max-Planck-Institut, wird ein um das 10-fache kleinerer Reaktor betrieben, um Erfahrungen zu sammeln. Doch inzwischen haben kanadische und US-amerikanische Ingenieure einen viel besseren Weg entdeckt: die Magnitized Target Fusion (MTF). An ihr wird seit 1990 geforscht und Lechner-Schobel rechnet mit dem ersten Strom aus dem Prototyp innerhalb weniger Jahre. Dass diese Technik in der EU völlig unbekannt ist, hält Lechner-Schobel für einen fundamentalen Fehler der Energiepolitik. Denn der gewonnene Strom ist nicht nur konkurrenzlos billig, es entsteht keine Strahlung nach außen, noch ein Abfallprodukt, das es zu entsorgen gälte und das alles ohne Luftverschmutzung, CO2-frei. Das Ausgangsprodukt Wasserstoff steht unbegrenzt zur Verfügung.
Ein sehr dichtes Plasma wird mit einem Stromstoß von einigen Millionen Ampere in eine Hülle aus flüssigem Metall geschossen. Diese flüssige Metallhülle wird auf ein Zehntel des Durchmessers verkleinert, wodurch das Magnetfeld stark ansteigt und die Dichte und Temperatur für die Fusionsbedingungen erzeugt. Diese flüssige Metallhülle schützt die Außenwand vollständig vor Neutronen und jede Strahlung insbesonders der typischen Gamma-Strahlung. Das flüssige Metall zirkuliert aber für den Wärmetransport. Zur Erzeugung von Strom wird Dampf erhitzt, der eine Turbine antreibt. Sie könnte z.B. von einem Kohlekraftwerk stammen, das stillgelegt ist. Der Reaktor selbst hat aber nur einen Durchmesser von 4 Metern. Die Gesamtanlage kommt mit 12 Metern Höhe und 10 Metern Breite aus. 200 dampfgetriebene Kolben erzeugen die Kompression der flüssigen Metallhülle.
Die Anlagenkosten sind trotz der Technik weitaus geringer als bei üblichen Kraftwerken. Lechner-Schobel fordert deshalb, gleich auf diese Technologie zu sezten, anstelle des Neubaus von Gaskraftwerken zum Ersatz der stillzulegenden Kohlekraftwerke. Irsching II also auch wieder eine Totgeburt? Nordstream II als Fehlinvestition? Es wäre natürlich fantastisch, keine Energieträger mehr importieren zu müssen. Lechner-Schobel: „Wenn nur ein Bruchteil der EEG-Umlage für diese neue Technologie zur Verfügung stünde, wäre Deutschland und die EU auf dem richtigen Weg.“ Er hält nämlich die Substitution von Kohle, Öl und Gas durch Sonnenenergie und Windkraft weltweit nicht für realistisch. Seiner Erkenntnis nach würden die Solarpaneele und die Windräder die Umgebungstemperatur anheben. Jeff Bezos, der „Mister Amazon“, investiert in die Fusionsenergie. In der EU besteht freilich keine Forschung dazu noch Förderung. Generell fehle es an Geld für solche große Investitionen.
Soll die EU das ITER-Projekt abbrechen? Darüber müsse schnellstmöglich diskutiert werden. Das eingesparte Geld genügte noch zur Entwicklung des MTF. China und Südkorea planen diese Technik bereits bis 2050 ein. Oder haben die Deutschen Angst vor der Fusionstechnik, weil sie sie für eine Fortentwicklung der Atomkraft halten? Können Weltkonzerne wie Siemens auf diese Zukunftstechnologie verzichten? Durch die Ausgliederung der Siemens-Energiesparte soll angeblich keine Finanzierung dieser Forschungen möglich sein. Aber wären die Milliarden des Börsengangs nicht besser für die Entwicklung dieser Zukunftstechnologie
angelegt? ek