Die Überbrückungshilfe

Juli 06, 2020

Seit 1. Juli kann den vielen Unternehmen mit Shutdown geholfen werden. Das Programm dazu nennt sich „Überbrückungshilfe“ und ist bis Ende August zu beantragen. Allerdings soll dies über den Steuerberater laufen, wobei dessen Aufwandspauschale – um die 500 € – auch vom Staat getragen wird, wenn der Antrag befürwortet wird. Eigentlich eine Selbstverständlichkeit, da kein Steuerberater einen unzutreffenden oder nicht korrekten Antrag abgeben will. Voraussetzung ist ein Einbruch der Umsatzerlöse um mehr als 60 % in den Monaten April und Mai 2020 gegenüber den gleichen Monaten im Vorjahr. Das geht nur bei einem Shutdown oder unmittelbar Betroffenen wie z.B. Messebauer, wenn keine Messen stattfinden, auch wenn ihre Berufsausübung nicht untersagt war.

Es werden in Bayern einige hunderttausend Anträge erwartet. Allerdings müssten die Betroffenen von der Förderung wissen. Viele Steuerberater werden keine Zeit haben, ihre Mandanten zu informieren, wenn sie gleichzeitig schon eingespannt werden, die Anträge der Wissenden auszuarbeiten. Die Presse hat die Überbrückungshilfe bisher ungenügend dargestellt.

Selbst die Politik folgt dem Leitspruch „Tue Gutes und sprich darüber“ kaum. So weiß die Mehrheit der Betroffenen nichts von der Überbrückungshilfe. Immerhin geht es um 10.000 € Unterstützung bis 5 Mitarbeiter, 15.000 € bis 10 Mitarbeiter und darüber bis maximal 150.000 €. Ausgleichsfähig sind Mieten, Instandhaltungen, Versicherungen, kurzum die Fixkosten. Beim Personal besteht keine Großzügigkeit. Es wird nur in Höhe von 10 % der anderen summierten Kosten berücksichtigt. Der Staat geht davon aus, dass im Shutdown die Mitarbeiter in Kurzarbeit geschickt werden, also den Arbeitgeber nicht belasten. Doch 450-Euro-Jobs können nicht in Kurzarbeit gehen und liefen u.U. weiter. Die Hintergründe sind vielfältig.

Es gibt nur eine Reihe von Sonderfördermöglichkeiten. Aber die sollte der Steuerberater kennen. Interessant ist auch, dass die geförderten Kosten für Juni, Juli und August geschätzt werden müssen, da sie die Bemessungsgrundlage abgeben. Warum diese Verkomplizierung des Handlings gewählt wurde? Denn fallen die geschätzten Kosten in Wirklichkeit geringer aus, muss dieser Teil des Zuschusses zurück bezahlt werden. Das bedeutet Prüfungs- und Rückzahlungsaufwand. Es wäre doch sinnvoller, die real bekannten Kosten von April bis Juni heranzuziehen. Im Juli und August wird doch jeder Unternehmer die Kosten so gut als möglich zusammenstreichen, um über die Runden zu kommen. Noch dazu ist das Gesamtfördervolumen begrenzt. Mit den Rückzahlungen wird es also letztendlich wieder kleiner.

Oder wollten die Vorschriftenverfasser, dass die Anträge erst Ende August eingereicht werden sollen? Dann würden mitten in der Ferienzeit die Antragsbearbeiter völlig in die Knie gehen und eine Auszahlung der Überbrückungshilfe käme sehr spät, evtl. zu spät. Wenigstens delegierte der Staat dieses Prüfungsverfahren für ganz Bayern an die IHK München und Oberbayern. Wer die News aus der Münchner Zentrale liest, kennt wenigstens das Förderprogramm. Denn dort werden kurzerhand 100 Vollzeitstellen von anderen Aufgaben abgezogen, damit die Anträge bearbeitet werden können. Sie scharren bereits mit den Füßen, denn das Antragsformular liegt den Steuerberatern noch nicht vor und so drehen die Freigestellten die Daumen, sollten sie nicht ihren normalen Aufgaben bis dahin nachkommen.

Bei dem ganzen internen Hin und Her aber wird übersehen, dass nach der langjährigen Gewerberechtsprechung alle Shutdown-Unternehmen einen Entschädigungsanspruch haben, der alle Fixkostenausgaben umfasst. Mal sehen, ob der Antragsteller darauf-verzichten muss. Es verwundert, dass noch keine Anwälte der Verbände oder exzellenter Kanzleien darauf gekommen sind. Oder würden die Gerichte ihre Rechtsprechung ändern in Anbetracht der zu hohen Entschädigung? Doch wäre es nicht einen Musterprozess wert? Dann käme auch zur Sprache, dass der Shutdown des Einzelhandels, ja selbst der Gastronomie nicht nötig gewesen wäre, wenn die Abstands- und Hygienevorschriften erfüllt worden wären. Hat der Staat hier eine Fürsorgepflicht, genügend Masken vorzuhalten? Gesundheitsbundesminister Spahn lehnte noch im Februar den Kauf angebotener Großkontingente an Masken ab. Wie wir heute wissen, war dies einer der größten Fehler in der Corona-Pandemie. Aber warum sollen dies die Shutdown-Unternehmen tragen? ek