Seit einer Woche dürfen die Wirte ihre Gäste im Freien wieder mit frischem Bier und Speisen aller Art verwöhnen. Das Procedere wie Eintragen der Adresse, Platzanweisung, Maskenpflicht und Abstandswahrung wird souverän gemeistert. Dass schon um 20 Uhr alles wieder abgeräumt sein soll, versteht niemand. Dieses Limit wird als willkürlich empfunden. Die Zeitdauer beeinflusst doch nicht die Ansteckungsgefahr. Vielmehr sorgt sie für Endstress, der zu Lasten der Distanz geht. Die Verbände rechnen aber damit, dass wie bei der Indoor-Gastronomie mit 22 Uhr als Zeitgrenze diese dann auch für die Outdoor-Gastronomie erhöht wird. Es sollen ja um 20 Uhr die Gäste nicht auf einen Schlag nach innen wechseln.
Wie die Gastronomie im Freien unterschiedlich umgesetzt wird, zeigt sich auch im Markt. So erweiterte Ben Stuhlmüller seinen Biergarten um den Parkplatz. Auch für einen Regenschutz ist gesorgt. In den ersten Tagen brauchte er diese Mehrfläche noch nicht. Die Gäste kamen zwar freudig zurück, aber die breite Masse drängte noch nicht herein. Julia’s Café spielte souverän seine Rolle als Marktmittelpunkt im Freien. Symbosion, der Supergrieche, wollte freilich noch nicht den Marktplatz zum Biergarten werden lassen. Der Heimservice läuft gut. Darüber hinaus fehlt es an Personal – die Grenzen sind noch dicht. Bei anderen, wie dem Stilwirt, geht es beim Sitzen im Freien mehr um ein Symbol der Rückgewinnung bürgerlicher Freiheiten und der ungebrochenen Lebensfreude. Natürlich zeigt da auch Karin Gschlößl im Schlosshof Flagge.
Die größeren Gastwirtschaften rechnen strenger. Für sie kann der Aufwand größer sein als der Ertrag. So hatte in Rohrbach der Zeidlmaier noch nicht geöffnet, obwohl er doch über eine ansehnliche Freifläche verfügt. Die Küche kann bis 20 Uhr nicht so viel leisten wie die Gäste es erwarten. Aber es wird an einer begrenzten Karte gearbeitet wie bei den Kleinkunstveranstaltungen im Saal. Alle geliebten Wirtschaften können die Gäste sowieso in der 1. Woche noch nicht besuchen. So rechneten die größeren Gastronomiebetriebe mit einer zu geringen Belegung und warteten die Woche bis zur Komplettöffnung bis 22 Uhr ab.
So verblieben viele Speiselokale bei ihrer Essenslieferung „to go“. Die Gäste holten die Gerichte nach telefonischer Bestellung willig ab. Balkonien mit solchen Speisen lässt sich gut aushalten. Doch in der Corona-Krise haben sich Gewohnheiten geändert. Eigentlich hatten fast alle Lokale auch vor dem Shutdown schon Essen zum Mitnehmen oder zur Abholung praktiziert. Nun musste damit das Überleben gesichert werden. Aber die Gastronomen mussten auch erkennen, dass ein dickes Minusblieb. Der Umsatz mit Getränken fiel weg. Sie haben die höchste Spanne in der Kalkulation.
Bei den Brauereien ist das Bild mit Corona sehr unterschiedlich: Wer Flaschenbiere liefert wie z.B. Rapp aus Augsburg erlebte einen Boom. Bei allen exportorientierten Brauern – die ihr Bier meist in Gaststätten zum Ausschank brachten – fiel der Absatz um bis zu 70 %. Der Ausfall der Volksfeste trifft alle hart. Mit der Absage des Oktoberfests bekommt ganz München einen Konjunktureinbruch. Auch unsere Hotellerie ist betroffen. Zudem fehlen die Münchner Messen. ek