Noch nie hat ein neues Virus so sehr die Welt in Beschlag genommen. Alle Länder der Erde sind betroffen und die meisten
folgen den drastischen Maßnahmen Chinas, also Werks- und Geschäftsschließungen, Ausgangssperren, Erliegen der Öffentlichkeit, Einstellen des Personenverkehrs, von Veranstaltungen aller Art und der Gaststätten. Staatsrechtler diskutierten noch, ob die totalitären Maßnahmen in einer freiheitlichen Demokratie zulässig sind, da verkünden alle Regierungschefs des Westens ähnliche Anordnungen. Das Argument, Menschenleben zu retten, steht über wirtschaftliche Belange und persönlicher Freiheit. Aber wird dies noch gelten zur Wiedereröffnung von Gastronomie, Tourismus, Sportstätten, Geschäften und Betrieben?
Pandemien hat es oft gegeben. Die schlimmste liegt gut 100 Jahre zurück. Die sogenannte Spanische Grippe kostete weltweit 50 Millionen Menschenleben. Trotz ihres Namens kam sie aus den USA, verbreitete sich in den Ausbildungslagern der US-Streitkräfte am Ende des 1. Weltkriegs, gelangte mit ihnen über den Atlantik und erreichte schließlich alle Soldatenlager bis Indien. Sie kostete mehr Tote als der 1. Weltkrieg. Es waren vor allem Männer zwischen 20 und 40 Jahren, während eine normale Grippe Ältere und Kinder tötet. Doch damals hatten die Über-40-Jährigen schon Grippen hinter sich und ihr Immunsystem erkannte die Viren schnell, so wie heute nach einer Schutzimpfung.
Die Spanische Grippe kam in drei Wellen innerhalb zwei Jahren. Dann trat der Herdeneffekt ein: die Pandemie endete. Die meisten hatten die Spanische Grippe durchlitten und sie waren gegen die Erreger immun. Auch die Pest im Mittelalter grassierte jahrelang. Sie beschränkte sich auf Europa. Nach der Eroberung Südamerikas durch die Spanier und Portugiesen rafften die mitgebrachten Erreger, v. a. Pocken, den größten Teil der Einheimischen nieder. Schweinegrippe und SARS breiteten sich in Europa kaum aus. Dafür gab es einige Grippeepidemien, über deren Ausmaß an Toten wir heute staunen: 1957,1968, 2004, 2012 und 2016. Zuletzt bestand schon Impfschutz. Durch Mutationen der Grippeviren griff er aber immerweniger. Die Ansteckungsgefahr wurdeals viel geringer eingestuft als bei Covid-19. Aber es starben schon über 100.000 Deutsche an Grippe zuletzt 2017/18 allein 25.000. Die meisten waren Ältere und Patienten mit Vorerkrankungen. Mit Einsetzen des Sommers war aber der Alptraum vorbei. In den Betrieben herrschte großer Krankenstand. An Betriebsschließungen etc. zur Vermeidung der Ausbreitung dachte damals niemand nach.
Messen wir heute mit einem anderen Maß? Sicher trägt ein von Asien kommender neuer Virus eine höhere Unheimlichkeit. Mit der sehr schnellen Ausbreitung, der Ansteckungsgefahr ohne erkennbare Symptome und der Überforderung des Gesundheitswesens kamen schnell Erinnerungen an die Pest auf. Mit dem heutigen Wissensstand meinten wir, die Pest gebannt zu haben, zumindest außerhalb Afrikas. Auch Ebola versetzte uns nur im Fernsehen in Angst. Dieses Virus kam nicht zu uns, obwohl wir keine strengen Maßnahmen gegen seine Ausbreitung ergriffen. Covid-19 vollbrachte einenDammbruch unserer Sicherheit. Plötzlichhat jeder vor jedem Angst, angesteckt zu werden. Wie lässt sich solch eine kollektive Verunsicherung aufheben?
Wir erkennen Schwächen unseres Gesundheitssystems, von dem wir annahmen, dass es in der Welt vorbildlich sei. Atemschutzmasken fehlen in Altersheimen. Apotheken können sie nicht liefern. Der Test auf Covid-19 muss kontingentiert werden. Wir können Infizierte nicht mehr durchgängig objektiv feststellen. Überhaupt wurde der Faktor „Schutzmaske von allen zu tragen“ völlig übersehen. In Supermärkten mit Hamsterkäufen und öffentlichen Verkehrsmitteln zu Stoßzeiten herrscht höchste Ansteckungsgefahr. Da wird weggeschaut. Und nun will ein Leipziger Professor ein Inhalationsmittel zur Abtötung des Covid-19 in deutschen Kliniken erproben. Aber die hohe Politik reagiert nicht, obwohl er beste Heilerfolge vorweisen kann. Wo ist da die stets groß bekundete Rücksichtnahme auf die drohende Sterblichkeit der Patienten? Dieses Mittel ließe es gar nicht so weit kommen.Zu den Covid-19-Schutzimpfungen hießes zunächst, sie würden im Herbst zur Verfügung stehen. Nun kann erstnächstes Jahr mit ihnen gerechnetwerden. Das liegt nicht an der Entwicklung. Es muss das Zulassungswesen intelligenter werden. Wenn Patienten am Virus schon sterben, dann können doch Tests breiter durchgezogen werden, um Zeit zu sparen. Wir wollen keine zweite Welle. Und wir können sie uns auch nicht mehr leisten. ek