Ein hallertauer Baustil

Dezember 03, 2019

Das Forum Baukultur im Landkreis Pfaffenhofen will seinem Namen gerecht werden. In Zusammenarbeit mit dem Landkreis organisierte es vorletzten Freitag eine Veranstaltung im Deutsche Hopfenmuseum zum Thema „regionales Bauen“ mit Spitzenbesetzung. So moderierte die in Pfaffenhofen wohnende Rundfunkmoderatorin Susanne Pfaller, kamen Kreis- und Bezirksheimatpfleger, für die Architekten sprach der hoch gefeierte Michael Deppisch und Martin Schmid, Bürgermeister Vohburgs, nahm sich kein Blatt vor den Mund, gerade in Richtung Landratsamt. Landrat Martin Wolf hatte das Thema seinerseits zur Chefsache erklärt. Die vielen Besucher bestätigten die Bedeutung des Themas.

Ausgangspunkt bildete die Frage nach einem typischen hallertauer Baustil. Kreisheimatpfleger Franz Grahammer, selbst Gründungsmitglied des Forums, hatte dazu Bilder von Bausünden und positiven Beispielen im Landkreis eingefangen. Allerdings zeigte sich da bereits, dass viele die Unterschiede nicht verstanden. Die Geschmäcker sind eben verschieden. Auch die Einführung vom Sprecher des Forums, Heniz Kindhammer, war zwar Klasse vorbereitet, aber eben über dem allgemeinen Verständnis, zu intellektuell, so dass Grahammer zu überraschend mit der Wirklichkeit kam. Das Referat von Dr. Vinzenz Dufter schuf dann endlich die nötige Klarheit: Es gibt einen typischen Baustil des nördlichen Ostbayerns, der sich deutlich von dem klarer umrissenen Baustil des Voralpenlandes unterscheidet.

Nach Dr. Duftner werden dazu lokale Baustoffe verwendet, die sich über Jahrhunderte in der Region bewährt haben. Zusätzlich zeichne sich der Baustil des nördlichen Oberbayerns durch eine besondere Einfachheit aus: ein Giebeldach, also kein Walmdach, kaum Erker u.ä., eben ein simples Haus. Die Dachbedeckung war ursprünglich Schilf und deshalb die Dachneigung hoch. Nun dominiert das Ziegeldach in den Farben rot bis braun. Landrat Martin Wolf verinnerlichte diese Erkenntnisse.

Als mit Stararchitekt Michael Deppisch seine Werke auf die Leinwand kamen, u.a. ein schlichtes Haus vom Ortsrand Aus, flammte das Herz aller Architekten auf. Es war moderne Architektur in Anlehnung an die Umgebung. Diese reichte von einer Schreinerei mit schwarzem Solardach bis zum Austragshaus mit Flachdach, völlig erbaut aus Zirbelholz. Doch in der anschließenden Diskussion bezeichnete Wolf diese Beispiele als Verstoß gegen den hallertauer Baustil, wie er zuvor gepredigt wurde. Schnell ging die Diskussion um Festlegungen des Baustils in Bebauungsplänen los – mit der Einsicht, dass sie zu umfangreich und unverständlich seien und schon beim ersten Bauantrag die Befreiung gefordert werde.

Einige Zuhörer verwiesen auf das Recht des Bauherrn nach Selbstverwirklichung, gerade als Martin Schmid sich gegen zu enge Bebauungspläne aussprach. Vom stellvertretenden Kreisbaumeister kam gar der Rückzug auf das rein formelle Baurecht, das schon viele Einschränkungen für den Bauherrn mit sich bringe. So endete die Diskussion im allgemeinen Sumpf von Baugenehmigungen und damit weit außerhalb eines einheitlichen regionalen Baustils. Doch von Bürgermeister Schmid kam die Einsicht, dass es doch eine Federführung durch einen Profi-Architekten gebe soll, damit „schöne“ Siedlungen entstehen.

Für Landrat Martin Wolf blieb die Erkenntnis, dass Bauherrn, gerade wenn sie nur einmal im Leben ein Haus errichten, doch besser beraten werden sollten über schönen, regionalen Stil. Auch soll seine Behörde eine Baufibel erstellen mit Anschauungsbeispielen. Das Forum soll Bauherrn-Veranstaltungen abhalten. Alles geht nur durch schöne Beispiele und ihre Erklärung. Der Bauherr soll verführt werden zum regionalen Stil und die Seiten aus „Schöner Wohnen“ als Anleitung für sein Heim beiseite legen. Harmonie zwischen den Bauwerken sei der Schlüssel zum schöneren Bauen. ek