Zuerst schaltete Bundesinnenminister Horst Seehofer auf stur. Keine Helfer für Spargel- und Hopfenbau durften einreisen. Doch Verbände und die Bayerische Landwirtschaftsministerin Michaela Kaniber liefen in Berlin Sturm. Die Ernteausfälle waren offensichtlich. Aus dem heimischen Arbeitsmarkt trotz geschlossener Gastwirtschaften und Kurzarbeit war kein nennenswerter Ersatz möglich. Für diese Arbeiten bedarf es gut trainierter Fertigkeiten, um die nötige Effizienz zu erreichen. Es sind auch anstrengende Tätigkeiten. Da weiß jeder am Abend, was er geleistet hat. Plötzlich kam das Umdenken bei Seehofer. Die Helfer aus dem Ostblock dürfen nun doch kommen. Aber ein Widerhaken sollte bleiben. Die Einreise muss per Flugzeug erfolgen und der Landwirt muss seine Mitarbeiter am Flughafen persönlich abholen. Sammeltransporte für mehrere Landwirte sind verboten.
Daneben sind viele Formalitäten zu erfüllen. Die Vorlagen dazu bietet der Bauernverband auf seiner Homepage an. Leicht will man es den krisengebeutelten Landwirten gewiss nicht machen. Aber in ihrer Not schlucken sie auch diese Kröten. Es steht vielfach die Existenz auf dem Spiel. Aus Infektionsgründen macht der Flug ohne Masken keinen Sinn. Ein Infizierter könnte ein ganzes Flugzeug anstecken. Die Einreise mit dem Auto wäre da viel sicherer gewesen, auch wenn die Helfer zu viert in einem Wagen gekommen wären. Das Verbot von Sammeltransporten gibt nach dem Flug auf engem Raum auch keinen Sinn.
Neben dem erhöhten Ansteckungsrisiko ganzer bäuerlicher Gemeinschaften muss der Landwirt mit dem Hin und Her in der Politik fertig werden. Viele langjährige Helfer schauten sich nach Alternativen um und kommen prinzipiell nicht mehr. So ist durch die Einreisemöglichkeit noch lange nicht alles gelöst. Es wird auf jeden Fall Minderernten geben. Ob die geringe Zahl an Helfern aus dem Ausland dafür länger arbeiten können, um das Defizit auszugleichen? Hinzu kommt ein weiteres Problem: Die Kinder der Saisonarbeiter haben nicht mehr die Handfertigkeit. Woher dann Ersatz nehmen?
Sicher wird für 2021 genügend Zeit sein, ein neues Personal zu suchen. Die Hopfenernte ist nicht so anspruchsvoll. Hier könnten Flüchtlinge gewisse Lücken schließen. Bis dahin wird die Epidemie vorüber sein und die Einreise wird normal erfolgen. Die Corona-Krise lässt auch das Einkommen der sozial Schwächeren abnehmen. Es könnte eine gewisse Not neue Kräfte für die Ernte bereit stellen.
Und was geschieht, wenn Infizierte jetzt einreisen? Sie würden über das Flugzeug viele anstecken und danach die ganze bäuerliche Gemeinschaft. So wäre es gut, wenn die Angehörigen des Hopfenpflanzers mit Mundschutz zum Einkaufen fahren oder sonstigen sozialen Kontakten nachgehen. Die Quarantäne könnte auch im Hopfengarten eingehalten werden, inklusive des Mindestabstands. Der ursprüngliche Gedanke, alle Erntehelfer nach ihrer Ankunft zwei Wochen in Quarantäne zu setzen, musste verworfen werden wegen des Zeitdrucks des Einsatzes und mangels neutraler Quartiere. Es wäre halt wichtig, wenn im Flugzeug Mundschutz vorhanden wäre. Vielleicht könnten die Verwandten in der Heimat vor dem Flug Masken nähen. Aber womöglich geht dies in der Hektik unter. Den Flug muss übrigens der Landwirt bezahlen. Doch welche Maschinen gehen überhaupt noch? Vor Ostern herrschten in Rumänien wilde Verhältnisse vor dem Abflug. Ob die Bundesregierung da nicht auf ein untaugliches Mittel auch in der Durchführung gesetzt hat? ek