Metzger und Bäcker übernehmen immer mehr die Bewirtungsrolle. An der Tafel stehen die Gerichte des Tages. Dazu laden Stehtische zum Sofortessen ein, wozu das Besteck mitgegeben wird. Kein Wirt kann mit den Preisen mithalten. Ein Wolnzacher Metzger überraschte aber auch mit einem Gericht: Wolnzacher Biergulasch mit Karoffeln. Es schmeckte hervorragend. Das Bier kam als Dunkles aus Au. Das eigentlich Sensationelle aber ist das Identitätsstiftende: der Zusatz Wolnzacher. Es gibt also einmalige Gerichte im Markt, die mit diesem Rezept nur in Wolnzach angeboten werden. Weiter so!
Dieser Wunsch richtet sich freilich al alle Gastronomen: ein eigenes Rezept zu entwickeln und dann das Wolnzach im Namen dazugeben. Um so bayerischer und regionaler die Speise ist, desto glaubwürdiger wirkt die Ortsbezeichnung. Auch die Münchner Weißwurst begann so. Heute ist der Name sogar international geschützt. Das schließt aber nicht aus, ein Paar Wolnzacher Weißwürste dagegen zu setzen, wenn etwas Besonderes dazugekommen ist wie z.B. ein Hauch von Hopfenwürze. Natürlich muss das Gericht dann auch noch besser als Durchschnittsessen schmecken. Sonst wird die Ortszugabe absurd. Es soll ja ein Renner in der Gastronomie werden. Beim Wirtefest kann es dann einem größeren Kundenkreis angeboten werden. Die wollen natürlich erfahren, was am Wolnzacher Biergulasch dran ist.
Vielleicht kommt das Dunkle dann auch noch aus Wolnzach. Dann entstünde eine Werbewirkung auch für die Brauerei, und jeder Kochende würde sich an das Originalrezept mit Wolnzacher dunklem halten, weil ja nur so der typische Geschmack reinkommt. Die Brauer tun sich natürlich mit der Ortsangabe leichter. Ihr Bier ist immer ein Wolnzacher Originalgetränk. Gerade die Urban Chestnut Brewery zeigt sich gerne örtlich. So heißt ihr dunkler Bock Welamot nach dem offiziellen ersten Wolnzacher der Neuzeit, nachdem ja nicht bekannt ist, wie sich die Einwohner in den drei Jahrtausenden davor nannten. Auch der Name der Burg am Schloßberg ist unbekannt. Das Pendant in Burgstall gab wenigstens dem Ortsteil seinen Namen.
Die Urban Chestnut Brewery verwirklicht genau das, was sich die Begründer der Bürgerbräu AG wünschten. Ein süffiges Bier aus dem Markt für den Rest der Welt zu bieten, mit markanter Hopfennote, unverwechselbar und selbst von Brauern anerkannt. Das dürfte mit dem jüngsten Produkt, dem Quercus (lat. Eiche), wieder voll gelungen sein. Er ist der kleine Bruder des Wolamot, also ein starkes Bockbier, auch dunkel, aber serviert in einer 0,3-Liter-Flasche. Die Größe signalisiert, dass es sich um etwas Besonderes handelt, das nicht so einfach runtergetrunken werden soll. Der Doppelbock-Sud reifte nämlich wie ein Whisky in Eichenfässern, und zwar in denen drei Jahre bayerischer Single-Malt reifte. So entstand in 6 Monaten ein Dessertbock mit 9,9 % Alkohol vergleichbar mit einer Spätlese oder gar einem Eiswein. So etwas ist selbst in der kreativen Craftbierszene etwas Geniales.
Vielleicht schafft es dieses neue Bier ganz groß herauszukommen? Der Preis darf ruhig sehr hoch sein, damit auch der Handel seine Freude am Vertrieb hat. Noch nie kam ein Bier der höheren Getränkegattung Wein so nahe. Das Experiment ist voll geglückt. Am Etikett muss freilich noch gefeilt werden. Wenn dann auch noch „Wolnzacher Quercus“ draufstünde, wäre das neue Zeitalter des Bierbrauens auch mit dem Markt verbunden. Dann bedürfte es eines Markenschutzes bzw. dessen Geschmacksmuster. Wollen wir hoffen, dass genügend Exfässer beschafft werden können. Notfalls muss auf schottischen Whisky gesetzt werden. Glückwunsch an die Kreateure! Ihr macht Wolnzach alle Ehre. ek