Letztes Jahr mussten die Teilnehmer am IGN-Hopfentag bei ihrem Gang zum Hopfengarten ihre Schuhe mit Plastikhauben überziehen. Unter Aufsicht der Fachleute Hülls. Als Grund wurde die Gefährdung der Anlage durch das Citrus-Bark-Cracking-Viroid genannt. Natürlich war diese Maßnahme aus wissenschaftlicher Sicht völlig überzogen. Sie muss als PR-Gag gesehen werden: Es gibt wieder eine neue Gefahr für die Hopfenpflanzer. Sie kommt aus Zitrusfrüchten. Dort fühlt sich der Citrus-Bark-Cracking-Viroid pudelwohl und vermehrt sich. Wenn er aber durch unachtsam weggeworfene Orangen- und Zitronenschalen in den Hopfengarten gelangt, wütet er nachhaltig. Die Anlage muss gerodet und über Jahre stillgelegt werden. Tatsächlich erwischte es schon Hallertauer Pflanzer. Es gibt noch kein Gegenmittel außer die Rodung. Der finanzielle Schaden des Anbaubetriebs ist also sehr beachtlich. Doch es kommen immer mehr Bedenken auf, ob wirklich die unsachgemäß weggeworfenen Zitronen- oder Orangenschalen für die großflächige Infektion herangezogen werden können. Es besteht natürlich zwischen der Häufigkeit, dass Spaziergänger Orangen essen – an Zitronen gar nicht zu denken – diese wegwerfen und der viroid-betroffenen Betriebe eine Korrelation, d.h. eine Entsprechung. Aber nicht örtlich d.h. 95 Prozent der evtl. wirklich in Hopfengärten geworfenen Schalen richten keinen Schaden an.
Noch dazu sind Viroide an Medien gebunden wie Virusse. Es braucht den direkten Kontakt der Schale zur Hopfenpflanze oder einen weiteren Zwischenüberträger. Wer kann sich so einen vorstellen? Das Regenwasser zu den Wurzeln? Ein Unterpflügen der Schalen und dann erst das Regenwasser? Es muss also einen anderen Übertragungsweg geben. Wahrscheinlicher ist die Vermutung eines Hüller Wissenschaftlers, dass ein Teil des Saatguts, also die Fechser, befallen waren und sie erst das Citrus-Bark-Cracking-Viroid in die Anlage brachten. Die Fechserproduzenten beschäftigen südeuropäische Arbeitskräfte, die es gewohnt sind, Orangen zu essen. Untersuchungen hierzu sind nicht schwierig und wir werden bald wissen, ob diese These zutrifft.
Falls ja, müssen die Aufzuchtbetriebe alle erforderlichen Hygienemaßnahmen ergreifen. In Stichproben ließen sich die Fechser vor Auslieferung auch auf den Viroid untersuchen. Gefahr erkannt, Gefahr gebannt. Allerdings sollten die Pflanzer auch auf die weggeworfenen Schalen in ihren Anlagen achten und auf keinen Fall aus der Biotonne düngen. Weiterhin unverständlich bleibt freilich das Verbot, das Hächselgut aus der Pflückmaschine nach der Ernte wieder in die Anlagen als Dünger zu verbringen. Das soll uns Hüll doch auch mal erklären.
Es gibt also im Pflanzenschutz wesentlich größere Probleme als die Vermeidung des Citrus-Bark-Cracking-Viroids. Zulassungen bewährter Spritzmittel laufen aus und werden nicht verlängert. An Neuprodukte ist gar nicht zu denken. ek