Krise just in time

Oktober 21, 2024

Die EZB senkte den Leitzins letzte Woche erneut um 0,25 Prozent. Bei einer Inflation im Euroraum unter 2 % fragt man sich aber, warum der Zinsschritt nicht höher ausfiel. Christine Lagarde erklärte, dass der Inflation noch nicht der Garaus gemacht sei und sie fürchte, dass der Wert zu Weihnachten wieder ansteige. Doch sie müsste sehen, dass der Rückgang der Inflation viel schneller erfolgte, als alle Fachleute vermuteten. Noch vor einem halben Jahr wurde verkündet, dass das Unterschreiten der 2-%-Grenze erst für 2025 erwartet wird. Jetzt weiß niemand, warum es so viel schneller ging. Vermutlich fehlen dazu die Theorien. Die Abhängigkeit der Konjunktur vom Zinssatz besteht, aber nicht so direkt, dass daraus eine Erklärung möglich wäre.

Das ist natürlich sehr schade, da gerade die Industrie auf Krisenmodus schaltet. Der schnelle Rückgang der Inflation ist doch eine Supermeldung. Die Börsen reagieren auf so etwas. Wie kann es aber sein, dass die Indices wie Dax und Dow Jones gerade Allzeitrekorde zeigen und die an der Börse notierten Großunternehmen Entlassungen ankündigen? Zugegeben, auch solche Meldungen treiben den Börsenkurs des verkündenden Unternehmens nach oben, aber nicht die Indices. Dabei sind Börsenkurse viel realer als Umfragen. Wenn gerade die IHK Bayern von einer miserablen Verfassung der bayerischen Industrie spricht aufgrund ihrer aktuellen Befragung der Chefetagen, so sind das erst Stimmungen. Ändert sich die Auftragslage wandelt sich die Stimmung sofort.

Andererseits: Wenn viele Unternehmen pessimistisch in die Zukunft blicken und dies dann veröffentlicht wird, erleben wir eine Self-Fulfilling-Prophecy, d.h. die Krankheit der Wirtschaft tritt tatsächlich ein, weil sich alle auf eine negative Zukunft einstellen, also Investitionen verschieben oder aufgeben und Sparprogramme einläuten wie z. B. die Werbung herunter zu fahren. Es werden auch keine neuen Stellen geschaffen und Personal-Abgänge nicht neu besetzt. Der Arbeitsmarkt kommt dadurch wieder ins Lot, zumindest tendenziell. Auch deutlich gestiegene Insolvenzen bauen die Stellennachfrage ab. Der Fachkräftemangel wird zwar bleiben, aber in seiner Dringlichkeit abnehmen.

Schon gibt es Überlegungen, die abgebauten Stellen in der Autoindustrie der verstärkt suchenden Rüstungsindustrie zuzuführen. Die Audi-Mitarbeiter würden also zu Airbus geschickt. Bei Airbus werden zwar in der Raumfahrt auch 2.500 Stellen abgebaut, doch dürften sie innerhalb des Konzerns unterkommen. Warum dann so eine Schlagzeile überhaupt die Presse widergibt, spricht für eine Krisentreiberei. Es geht wieder gegen Habeck & Co. So sollen E-Autos wieder subventioniert werden. Das verbindet Grüne mit der Automobilindustrie. Andererseits wird von der IHK auch klar festgestellt, dass durch all die von den Grünen geliebten Techniken der Klimawandel kaum aufgehalten wird. Sie wirken zu langsam. Wenigstens hat das Krisenfieber diese Einsicht erbracht.

Es werden Reformen gefordert, was auch eine Neuausrichtung auf vielen Gebieten bedeutet. Der Abbau von Dokumentationen, Nachhaltigkeitszertifikaten oder von Nachweisen fairer Lieferketten soll der Wirtschaft wieder Luft zum Produzieren geben. Mit dem Green Deal hat die EU die europäische Wirtschaft gelähmt. Nun wird eingesehen, dass diese „Transformationen“ nur aus gesunden Unternehmen heraus finanziert werden können. Wachstum wird benötigt, um den Klimawandel zu bewältigen. Das Krisenszenario kommt auch gerade rechtzeitig zum Beginn der zweiten Amtszeit Ursula von der Leyens. Womöglich ist dies kein Zufall. Es muss aber auch eingesehen werden, dass viele Krisen seit Corona die Wirtschaft aus dem Gleichgewicht geworfen haben: Lieferkettenprobleme, Inflation, Veränderung der Arbeitswelt, sehr schneller Zinsanstieg, Naturkatastrophen u.v.m. so muss sich vieles erst wieder einpendeln. Vielleicht kommt nun auch die Vernunft, den Klimawandel durch viel größere Hebel zu verhindern. Neue Techniken sind Gebot der Stunde. In ihnen liegt das zukünftige Wachstum der Wirtschaft. ek

Foto: Raten-Kauf / pixabay