Die Hallertau steht vor einer Rekordernte in Menge und Inhalt. Das stimmt nach zwei schwachen Jahren natürlich glücklich. Auch das optische Bild entspricht dem Begriff „grünes Gold“. Doch jeder weiß, dass sich die weltweiten Brauer vertraglich überversorgten und der Bierabsatz sich leicht rückläufig errechnet, trotz steigender Weltbevölkerung (v.a. in alkoholrestriktiven Ländern). Es muss also die Erntemenge der Nachfrage angeglichen werden. Die Lager reichen zur Absicherung der Klimarisiken. Denn auch die Überernte 2024 der Hallertau wird in die Lager wandern. Aus diesem Bewusstsein verlief die Hopfenrundfahrt 2024 mit Ministerin Kaniberinin sehr positiver Atmosphäre. Hopfenwirtschaftssprecher Pascal Piroué verpackte seine kritischen Anmerkungen so geschützt wie nur möglich, um die Stimmung nicht zu stören.
Solch eine Hopfenrundfahrt dient ja in erster Linie einem guten Verhältnis zwischen Hopfenwirtschaft und Politik mit Behörden. Der ganze Pflanzenschutz steht auf schwachen Beinen. Ohne Notzulassungen geht es nicht wie 2024 bei Erdflöhen, echtem und falschem Mehltau und vor allem den Blattläusen. Die Ministerin hat auch auf den Markt keinen Einfluss, zumal er global abläuft. Schön, dass auch Wirtschaftsminister, stellvertretender Ministerpräsident und studierter Landwirt Hubert Aiwanger dazustieß und für die Bauern ein großes Herz zeigte. Die Politik bleibt also gut geerdet im Bereich Hopfen.
Das Übrige zur positiven Stimmung leisteten die Verbandsrepräsentanten, allen voran Adi Schapfl, Dr. Erich Lehmair und Karl Pichlmeyer, die Hopfenhoheiten aus ganz Deutschland, die bayerische Bierkönigin (aus der Hallertau), die erfolgreichen Hopfenforscher der Landesanstalt in Hüll und ein einmalig schöner Sonnentag. Es waren wieder viele Gäste aus Politik und von Bundesbehörden gekommen. Die Verbindungen im „Cluster-Hopfen“ funktionieren. Andere Handelsvertreter wirkten keinesfalls betrübt. Auch die Brauerei-Vertreter freute die Situation. Bei bester Organisation – Bewirtung zu Beginn und am Ende, vier Busse zur Fahrt durch den Landkreis Pfaffenhofen, je bestückt mit einem erfahrenen Fachmann, um viel über das Hopfenjahr zu erzählen – endete der fachliche Teil wie immer im Hopfenforschungsgut Hüll.
Als Musterbetrieb wurde der Hof der Daniels in Eberstetten angefahren. 75 ha Hopfen werden dort auf zwei Wolf-Pflückmaschinen geerntet. Für die Presse waren erste Fuhren Hopfen eingeholt worden. Die Ernte begann erst am Wochenende mit den frühen Sorten wie Hallertauer. Bei den Daniels hat die Übergabe von Josef auf Sohn Alexander bereits bestens geklappt. Der Landwirtschaftsminister zeigte stolz seine Frau und Kinder, hielt einen erstklassigen Vortrag, den er mit der Bemerkung schloss, dass es seine Fläche verringern werde. Das Fragezeichen der Hopfenrundfahrt ´24 blieb beim Wieviel? Auch Pascal Piroué gab nur die Richtung vor, aber kein Maß. Da die Brauer Hopfen kaufen, wenn er nichts kostet, ist allen Händlern vertraut. Wenn aber Freihopfen bei Perle, Hallertauer Tradition und Flavors gar keinen Abnehmer mehr finden, wird das Mindestmaß der Verringerung der Fläche sortenspezifisch erkennbar. Doch es steht auch ein Gesamtflächenmaß im Raum: Der Anteil von Freihopfen zu Vertragshopfen. Nur so können kostendeckende Preise gehalten werden. Aber es wird auch kaum neue Verträge geben, nicht zuletzt weil der Freihopfenpreis die Vertragspreise mitbestimmt. Der Marktverlauf 2024 wird nicht nur spannend, sondern auch das Rodungsmaß pro Sorte erkennen lassen. Auch Magnum ist auf dem Rückzug, da nicht mehr konkurrenzfähig mit Magnum und Titan.
In Hüll zeigte das Team von Simon Euringer, welch tolle Spritze für die amtliche Mittelprüfung gefertigt wurde: Sie kann 8 verschiedene Spritzmittel hintereinander ausbringen. Ein zusätzlicher Spülmittelbehälter ermöglicht die wissenschaftliche Verlässlichkeit der Ergebnisse. In Hüll übernahmen Dr. Michael Möller, Präsident der Gesellschaft für Hopfenforschung und Chef des Hopfenbräuhauses, und der Präsident der Landesanstalt, Stephan Sedlmayer, das Wort, um diese Public-Private-Partnership genügend zu würdigen – die zwei Minister waren nach dem Hopfeneinhängen auf dem Daniel-Hof, der offiziellen Eröffnung der Hopfenernte, schon abgereist. Hüll funktioniert besser denn je. So eine tolle Spritze wäre früher nicht finanzierbar gewesen. Die Wissenschaftler sparen sich immense Zeit. Und neue evtl. biologische Pflanzenschutzmittel sind nötiger denn je. ek
Foto: Eduard Kastner