Nach vier Jahren fand die „Brau Beviale“ in Nürnberg wieder statt und mit ihr die Pressekonferenz zur Hopfenernte, die wie immer sehr stark besucht war. Adi Schapfl, Präsident des Deutschen Hopfenpflanzerverbands, stieg auch gleich mit den Ernteergebnissen ’23 ein: Deutschland fuhr 41.234 to ein (2022: 34.406 to), davon die Hallertau 34.949 to (+ 19,9 % zu ’22). Das entspricht 10 % weniger als eine Durchschnittsernte. Auch das Alpha war unterdurchschnittlich, den zu späten Niederschlägen im Juli geschuldet. Elbe-Saale hängt in der Vegetation eine Woche der Hallertau nach. Dort traf der Regen noch rechtzeitig ein. Die Erntemenge von 3.056 to überstieg das Vorjahr zwar nur um 20,8 %, doch das Alpha gedieh normal. So wird die Ernte ’23 als eine weitere schlechte Ernte infolge des Klimawandels bewertet.
Doch der Preis für Freihopfen fiel stärker als die Erntemenge es vermuten ließ. Der Grund liegt im Bierausstoß. Er sank in Bayern um 3,9 %, so dass die Erntemenge ’23 völlig für den Bedarf ausreicht. Noch schlimmer: Die Brauereien hatten sich aus der starken Ernte ’21 gut eingedeckt und die Bevorratung mit Hopfen fortgesetzt, die freilich bei den Verarbeitern vollzogen wird. So kamen zu wenige Abrufe aus Sicht des Hopfenhandels. Für Freihopfen bestand keine Nachfrage. Allerdings bewegen sich diese Mengen auf niedrigem Niveau. Doch der Handel zögert auch beim Abschluss von Neuverträgen. So fordert Pascal Piroué, Vorsitzender des Deutschen Hopfenwirtschaftsverbandes, eine Flächenreduzierung.
Die Ernte ’23 war also für den Markt zu groß. Es bestehen genügend Vorräte für eine dritte Ernte unter Trockenheit. Doch das wünscht sich keiner. Schließlich steht die Lieferfähigkeit der Hallertau auf dem Spiel. Der Bayerische Brauerbund hat daran aber keine Zweifel, wie Geschäftsführer Walter König verkündete. Er forderte seine Mitglieder auf, die neuen klimaresistenten Hüller Sorten in ihre Brauversuche aufzunehmen. Auch die Privaten Brauer Bayerns, vertreten durch Geschäftsführer Mario Schäfer, stehen zu ihren regionalen Partnern auf Erzeugerseite. Generell wird eine noch engere Zusammenarbeit zwischen Hopfenpflanzern und Brauern gefordert, um die Kostensteigerungen im Hopfenbau zu bewältigen.
Der Weltmarkt hatte nach der sehr schlechten deutschen Ernte ’22 aber bereits seine Fühler zu den US-Pflanzern ausgestreckt zur zukünftigen Risikobegrenzung. In den USA wurde die Entwicklung der Craftbier-Szene überschätzt und noch Hopfenflächen ausgeweitet als die Craftbier-Brauer schon stagnierten. Nun wird stark gerodet. Ob die Anlagen aber stehenbleiben und Hochalphasorten eingelegt werden, konnte auf der Pressekonferenz niemand abschätzen. Sicherlich würde sich dann der Preisverfall verstärken. So richtig geholfen wäre damit niemand, zumal in Bayern ein großes Bewässerungsprogramm aufgelegt werden soll, das Produktionssicherheit bietet. Die Flächen in Bayern und den USA könnten so dem Bedarf optimal angepasst werden. Auch die Lagerhaltung könnte stark verringert werden.
Der Bayerische Brauerbund fordert eine bessere Kontrolle der Lagerbestände, gerade durch Digitalisierung der Vorräte. Die Brauer müssen stark auf Effizienz achten, so König, da die wirtschaftliche Lage angespannt sei. Die Mehrwertsteuererhöhung im Gastgewerbe beschere weiteren Rückgang des Bierkonsums. Früher war dies schon bei der Flaschenware eingetreten aufgrund der Kaufzurückhaltung.
In der anschließenden Diskussion kamen kritische Stimmen. Wenn die Braukonzerne sich verschätzten, müssten dies die Hopfenpflanzer ausbaden. Für die deutschen Brauer träfe dies freilich nicht zu. Sollten die Vorverträge sich verschlechtern, würden sowieso einige Betriebe aufgeben und sich die Flächen reduzieren. Pascal Piroué brachte es dann auf den Punkt: Der Schlüssel liegt in der Bewässerung. Allerdings müsse auch Hüll seinen Beitrag leisten, da die US-Hochalphasorten 20 % leistungsfähiger als der Herkules seien. Moderator Dr. Erich Lehmair stellte fest, dass erstmals seit Jahren wieder Begriffe wie „Kampf“ oder „Existenz“ in der Diskussion auftauchten. Manche US-Pflanzer könnten die Flächen nicht stark reduzieren, da sie aus der zurückliegenden Flächenexpansion noch hochverschuldet seien.
Andererseits kalkulierten die US-Pflanzer mit Preisen, die doppelt so hoch lagen wie die in der Hallertau. Deshalb würde nur in Extremfällen ein Unterbieten der Hallertau eingegangen. In den USA verläuft der Markt disruptiv. Sicher strahlt dies bis Bayern aus. Das ist aber auf zwei Jahre befristet, bis wieder Nachfrage und Angebot sich die Waage halten. In der Hallertau verläuft der Anpassungsprozess wesentlich gemäßigter und ruhiger. Ein Anstieg der Weltbierproduktion würde vieles lösen. Auch die Bewässerung der ganzen Fläche der Hallertau wird frühestens ’25 erreicht. Das Trockenheitsrisiko in 2024 besteht. Die Ernte ’24 kann nur so stark wie ’23 kalkuliert werden. Liegt sie darunter, wäre eine Flächenreduktion töricht. Doch das Trockenheitsrisiko liegt bei 80%! ek