Gerhard Polt und die Wellbrüder in Wolnzach. Erstmals im öffentlichen Auftritt. Um halb acht am Samstag begann die Vorstellung in der Volksfesthalle. Schon um sechs Uhr standen Schlangen vor den Einlasstoren. Binnen kurzer Zeit war die Vorstellung mit rund 1.000 Plätzen ausverkauft. Organisiert wurde sie von Michael Eberwein, Chef der Dellnhauser. Eigentlich wollte er 2023 in Wolnzach sein Volksmusikwochenende halten. Doch eine überraschende Erkrankung ließ dies nicht zu. So „schenkte“ er den Wolnzachern und ihren Gästen zwei Abende, mit Polt & den Wells und am 6.7. mit Humorist Martin Frank (auch schon ausverkauft). Dazu wurden aus allen Veranstaltungsorten Stühle vom Wolnzacher Bauhof herbei geschafft. Solch eine klassische Bestuhlung hat die Volksfesthalle noch nie gesehen.
Kurz vor sechs trafen die Stars des Abends ein: Gerhard Polt, gefahren von Christoph „Stofferl“ Well, Michael Well und Karl Well, jeder aus seinem Wohnort. Vor Ort informierten sie sich über Besonderheiten in der Wolnzacher Politik, erfuhren vom geplanten Kindergarten für 10,5 Mio. € und vom totsanierten Rathausplatz, Munition für ihre Gstanzerl am Ende des Auftritts. Schnell spürten sie die Erwartungsstimmung im Publikum. Auf der Bühne wurde eine Vielzahl von Musikinstrumenten aufgebaut: Alphörner, Harfe, Kontrabass. Eine exzellente Technik aus Mainburg war schon da. Im Zwischenbereich hing eine große Leinwand, auf der das Bühnengeschehen aus der Nähe zu erleben war für die hinteren Reihen, die aber auch die Bühne selbst noch sehen konnten. Schließlich kosteten alle Karten gleich viel, nämlich 30 €, da lohnte es sich, früh die vorderen Plätze einzunehmen, von denen nur wenige für die Sponsoren reserviert waren.
Mit Dudelsack, gespielt von Stofferl, traten die vier auf die Bühne. Nicht nur Gerhard Polt, auch die Wells zeigten sich in Wolnzach in Höchstform. Polt dachte über den Menschen nach, hielt ein Interview als indischer katholischer Priester, als „Katholer“, sprach als Obmann der tiroler Krankenhäuser zu deren Mitglieder im harten tiroler Dialekt, sinnierte über Schulstoff und das Vergessen, beobachtete als Denunziant seine Nachbarn im Reihenhaus oder sang auf afrikanisch zum Ausklang. Es sind seine Stimme und die Dramaturgie seiner Erzählung, gepaart mit Volltreffern aus der bayerischen Sprache, die an Direktheit und Härte nichts zu wünschen übrig lassen, die das Publikum so an ihm lieben. Wolnzach erhielt 100 % Polt.
Aber auch meisterlichen Einsatz der Wells. Es war müßig, festzuhalten, wer auf welchem Instrument spielt – auch historische und selbst gebaute kamen auf der Bühne in Einsatz. Zu einem Drittel tragen sie aber auch Anmerkungen zur Politik und zu Skurrilitäten unserer Zeit vor. Das Gebet zu Markus Söder darf da nicht fehlen. Seit Wackersdorf zählen sie zu den bissigsten Kritikern bayerischer Politiker. Aber sie bringen alles mit Humor und Charme vor, dass rechtliche Belange ausbleiben. Auch Josef Schäch und Bürgermeister Jens Machold mussten so manche Bemerkungen einstecken – nahmen es gelassen. Völlig neu sind die Hymne auf das Leben im Seniorenheim und die Parodie Tourismus Tropical. ek