Die deutschen Katholiken treiben den „synodalen Weg“ voran. Laien und Bischöfe fordern Reformen, eine Neubestimmung des kirchlichen Systems. Eigentlich hätten sie ihre letzte Versammlungen nicht mehr abhalten dürfen: Der Vatikan verbot, Ergebnisse zu propagieren. Doch der Leidensdruck aus Austritten, Mißbrauchsfällen und fehlendem Priesternachwuchs ließ einen Maulkorb nicht mehr zu. Trug das auch zu den Abdankungsgedanken von Papst Franziskus bei? Vermutlich wachsen körperliche Schmerzen und die Reform der katholischen Kirche dem Oberhaupt über den Kopf? Es könnte auch sein, daß Rom offiziell die deutschen Bischöfe maßregelte, aber inoffiziell die Ergebnisse wissen wollte, ja brauchte.
Die Ergebnisse können sich auch sehen lassen: Frauen sollen zu Priestern geweiht werden können – das Zölibat solle fallen, die Ehelosigkeit des Priesters freiwillig werden. Auch Bischöfe würden ihre feudale Macht verlieren. Die Demokratie erobert die Kirche. Damit folgt die katholische Kirche der lutheranischen, nur eben gut 500 Jahre später. Luther war ein Deutscher. So zeigt sich der synodale Weg als typisch deutsche Errungenschaft.
Es wird natürlich noch Jahre dauern, bis auch Rom einlenkt. Doch von den Ergebnissen kann keines mehr zurückgedreht werden. Es hängt von der Konstitution des Papstes oder seines Nachfolgers ab, wie schnell der synodale Weg über Rom die Weltkirche verändert. Eigentlich meinen viele, dass Papst Franziskus hinter der synodalen Öffnung stand. Doch auch Ex-Papst Benedikt trug zum synodalen Weg bei: Durch ihn ist die Kirche, vor allem der Vatikan, deutscher geworden, wurden mächtige italienische Kardinäle zurückgedrängt.
Eigentlich darf schon jetzt gefeiert werden. Die katholische Kirche bewies, daß sie sich anpassen kann an veränderte Gesellschaften und Wertesysteme, zumal sie eine ethische Steigerung in sich trugen wie hin zur Gleichberechtigung der Geschlechter oder Mitbestimmung aller. Nun ist die Basis geschaffen, auch von vielen Übertreibungen der Evangelisten abzurücken – ohne den Kern der Botschaft zu beschädigen, ja eigentlich Christus im 21. Jahrhundert wieder aufleben zu lassen. Böse Zungen behaupteten noch im letzten Jahrhundert, daß Jesus‘ Wiederkehr zuerst von der katholischen Kirche verhindert würde. Tatsache ist, daß Kirchenaustritte auch ein Zeichen sind, sich von Religiosität und Gottesbezug abzuwenden.
Der synodale Weg kann mit der Aufklärung verglichen werden. Wenigstens führt er zu keiner Revolution mit Hinrichtungen oder gar einem brutalen Glaubenskrieg wie im 17. Jahrhundert. Es wurde anerkannt, daß ohne die Kraft der Frauen und ihr verstärktes Mitwirken die Kirche als Institution nicht überlebensfähig ist, quasi von Gott gewollt. Das Suchen nach Gott kann so wieder in den Mittelpunkt gestellt werden. ek