Kleinere Brauereien bedroht

Februar 08, 2021

Auf seiner virtuellen Pressekonferenz letzten Donnerstag analysierte der Bayerische Brauerbund das 1. Corona-Jahr detailliert. So ging der Bierabsatz in Deutschland um 5,5 % zurück, in Bayern um 4,1 %. Der Lockdown der Gastronomie und der Wegfall von Volksfesten und so. Großfeiern traf gerade die kleinen Brauereien, die auf diesen Absatzweg gebaut haben. Der Flaschenabsatz über Getränkemärkte/Einzelhandelsketten und Heimdienste kompensierte dies zum Teil, so dass es auch Corona-Gewinner unter den Brauereien gab. Der Export bayerischen Biers brach um 10 % ein. Vor allem Italien schwächelte gewaltig, dem verringerten Tourismus geschuldet. Brauerbundspräsident Georg Schneider und Hauptgeschäftsführer Dr. Lothar Ebbertz sprachen erstmals von einer Existenzbedrohung der kleinen Brauereien (unter 5000 hl), die in Bayern 72,6 % ausmachen.

Betreibt eine Brauerei einen Gasthof in eigener Regie, so erhält dieser „Mischbetrieb“ auch keine November-/Dezemberhilfe. Hier sollte von der Politik nachgebessert werden. Der Absatz über die Gastronomie ist wesentlich lukrativer als der Verkauf im Einzelhandel, wo das Bier gerne für Sonderangebote eingesetzt wird. Die lokale Brauerei sei auch Teil der bayerischen Kultur. Dabei ist die Krise noch nicht vorüber. Es wird auch keine Volksfeste geben, solange die Durchimpfung nicht erreicht ist. Ähnlich ergeht es dem Tourismus in Italien. Werden die Überbrückungshilfen greifen? Der Bayer. Brauerbund ist eher skeptisch. Immerhin wird die Mehrwertsteuer in der Gastronomie bei 7 % bleiben. Acht Jahre an Aufbauarbeit des bayerischen Braugewerbes sind in einem Jahr zerstört worden.

Wenn es den Brauern schlecht geht, leidet auch die Hopfenwirtschaft. Am Mittwochabend hielt die HVG ihre Hauptversammlung ab, ebenso virtuell mit Reden vor der Kamera. Nach der Begrüßung vieler zugeschalteter Politiker, Behördenvertreter, Bankiers, Kunden und Mitbewerber durch den Aufsichtsratsvorsitzenden Adi Schapfl, legte Vorstandvorsitzender Dr. Johann Pichlmaier seinen Lagebericht vor. In den USA ging der Bierkonsum nur um 0,5 % zurück, während es Japan mit 9 % und Großbritannien mit 10 % traf. In Summe kam Dr. Pichlmaier auf einen Volumenrückgang von 9-10 %, dem größten seit 1945. Der weltweite Bierausstoß liegt derzeit auf dem Niveau von 2007. Dennoch bestätigte der HVG-Chef dem Biermarkt eine bemerkenswerte Robustheit. Von den großen Brauereien liegen derzeit nur Zahlen der ersten 9 Monate von 2020 vor. Inbev-Anheuser-Busch lag mit 8,3 % zurück, Heineken mit 8,1 %.

Für das Geschäftsjahr 19/20 der HVG zählt die Hopfenernte 2019. Diese fiel in der Menge kräftig aus (+ 16 %). Auch das Alpha war gut gewesen (+ 30 % gegenüber 2018). Unterlieferungen gab es nur beim Herkules (6 %). Die Abrufe der Brauer waren auch noch im März 20 gut. Es wurden Störungen der Lieferketten befürchtet. Doch danach stiegen die Umsätze nicht mehr, so dass die Bestände anwuchsen. Der Jahresumsatz sank um 3 % auf 91,4 Mio. €. Mit der ebenso guten Ernte 2020, die 2019 in Menge und Alpha übertraf, reagierte der Markt mit einer Halbierung der Freimarktpreise. Dadurch müssen die Lagerhopfen bilanziell niedriger bewertet werden als sie im Einkauf mit Verarbeitung kosteten. Das drückt den Gewinn. Von 3,6 Mio. € in 18/19 sank er auf 1,1 Mio, allerdings bei sehr vorsichtigen Bewertungen. Dr. Pichlmaier sieht dieses Ergebnis in Anbetracht der voll eingesetzten weltweiten Coronakrise im ersten Halbjahr 20 als befriedigend an. Die HVG sei glimpflich davon gekommen. 172 586 € sollen als Dividende ausgeschüttet werden, was 3 % Verzinsung der Kapitaleinlagen entspricht. Schließlich gab es keine Warenrückvergütungen. Das Eigenkapital der HVG stieg noch geringfügig auf 58,6 Mio. €. Die Stabilität des Unternehmens sei damit gegeben. Für 2021 wollte Dr. Pichlmaier keine Prognose abgeben. Die Coronakrise herrsche noch an und die Brauwirtschaft wird bis Mitte des Jahres noch mit den Problemen des Jahres 2020 zu kämpfen haben.

So kommt das Paradox, dass zwei gute Ernten dem Handel das Ergebnis verderben. Ohne Corona wäre dies anders gelaufen. Dann
hätten die Brauer die Ernten mit offenen Armen empfangen. Es wird derzeit weniger Bier gebraut als es vom Hopfen her möglich wäre. Die Coronakrise sorgt aber nur für eine Delle, die rasch ausgeglichen wird, wenn genügend Immunität geschaffen ist. Womöglich werden die Vorräte noch hoch geschätzt, wenn die Hopfenernte 21 unter Trockenheit und Hitze leidet, was statistisch zu erwaren ist. Dr. Pichlmaier: „Ein Ergebnis wie 19/20 halten wir in 20/21 für möglich“. ek