Die Agentur für Arbeit hielt letzten Mittwoch ihr Jahresgespräch mit Vertretern der Kammern. Nach Jahren des Fachkräftemangels und sogar Arbeitskräftemangels schwindet die Nachfrage. Im Bezirk Ingolstadt erwartet Arbeitsamtchef Johannes Kolb für 2025 sogar einen Anstieg der Arbeitslosigkeit um 5,8%. Für Bayern werden 10.300 oder 3,6% mehr Arbeitslose geschätzt auf dann insgesamt 293.600. Andererseits ist für Deutschland 2025 ein Abgang in den Ruhestand von 440.000 Arbeitenden errechnet. Sie werden durch Zuzug von ausländischen Arbeitskräften und Automatisierungen nicht ausgeglichen werden können. Der Fachkräftemangel wird also nicht abnehmen.
Hinter diesen Zahlen stehen Prognosen für die gesamtwirtschaftliche Entwicklung Deutschlands. Für 2024 hat sich die Stagnation schon bestätigt. In 2025 dürfte sich noch wenig ändern. Allerdings rechnet die Agentur mit einer leichten Belebung „transformationsbedingt“, also einer Investition in größere Nachhaltigkeit. Der Regierungswechsel kommt oben drauf, war aber am Mittwochnachmittag noch nicht bekannt. Audi hatte aber seinen Abbau an Arbeitskräften schon verkündet. Er konnte in den vorbereiteten Zahlen aber noch nicht berücksichtigt werden.
Kolb verglich die dem Arbeitsamt gemeldeten offenen Stellen Oktober 24 mit dem Vorjahr. Bis auf zahlenmäßig unbedeutende Sicherheitsberufe ging in allen Branchen das Angebot zurück, wenn auch nicht dramatisch. Dieser Trend wird sich in 2025 fortsetzen, so der Amtschef. Bei der Arbeitskräftenachfrage für Ungelernte hat sich Normalität eingespielt. Der größte Bedarf an Fachkräften besteht nach wie vor in der Pflege, im Handwerk und im Unterricht. Die Arbeitslosenquote im Gesamtbezirk Ingolstadt liegt zur Zeit bei 3% (Deutschland: 6,1%) und wird es auch bleiben.
Kolb analysierte auch die Wirkung des Mindestlohns für die einzelnen Branchen. Er erbrachte Lohnerhöhungen in den Bereichen Sicherheit, Logistik, Reinigung und Nahrung/Gastgewerbe. Ihr Anteil an der Gesamtbeschäftigung hält sich aber in Grenzen und veränderte sich kaum. Sehr interessant zeigte sich der Beschäftigungsaufbau in Bayern seit 2023: Er wird rein von ausländischen Staatsangehörigen getragen, insbesonders aus Staaten außerhalb der EU wie Indien, China, Tunesien und Vietnam. Die Anzahl deutscher Beschäftigter ging zurück. Für die Zukunft spielte die Agentur drei Szenarien durch bei moderater Entwicklung der Geburtenhäufigkeit und der Lebenserwartung: Unterhalb von 350.000 Zugängen per Saldo in Deutschland kann das Niveau der heutigen Beschäftigten von 8,85 Mio. in Bayern nicht gehalten werden.
Beim Bürgergeld bzw. dem Vorgänger Hartz IV kam es seit April 2019 zu einem ständigen Anstieg. In 2022 war er ausgeprägter durch die Flüchtlinge aus der Ukraine, die durch politische Entscheidung das volle Bürgergeld erhalten, ebenso wie andere Flüchtlinge aus Kriegsgebieten. Die Ukrainer umfassen grob die Hälfte der 4264 Empfänger des Bezirks Ingolstadt im Oktober 2024. Die Zahl der Arbeitslosen im Bezirk Ingolstadt liegt inzwischen mit 4570 darüber. Erstmals bilden sich vor dem Arbeitsamt wieder Schlagen zu den Öffnungszeiten. Und die Ankündigungen von Stellennabbau, die sog. Risikoanzeigen, steigen. ek
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