Der Unmut über die Ampel-Regierung, vor allem bei den Unternehmern, war unübersehbar. Es wird eine aktive Wirtschaftspolitik erwartet, um aus der Stagnation zu kommen. Das VW-Drama wurde offen ausgespielt, auch wenn die Probleme Insidern schon viel länger bekannt waren. Die Automobilindustrie ist die deutsche Leitbranche: ihr und der Pharma-Industrie verdankt Deutschland in den letzten 20 Jahren sein Wachstum – alle anderen Branchen schrumpften. Wenn es VW & Co so schlecht geht, steht jede Regierung vor einem großen Problem. Die Ampel war zu schwach, zu zerstritten, um diese Hürde noch zu nehmen. Wirtschaftsminister Habeck hatte sich aus seinem Aufgabengebiet zurückgezogen, wirkte im letzten Jahr nur noch als Klimaminister.
So sprang Finanzminister Lindner ein. Er organisierte einen eigenen Gipfel parallel zu dem des Kanzlers und formulierte danach ein Papier zur Konjunktur- und Strukturpolitik. Es hatte Sprengkraft. Als Kanzler Scholz Lindner als Finanzminister absetzte, war die 14-minütige Rede schon vorbereitet.
Mit der Wahl Trumps zum Präsidenten kommt Dynamik auf, sich auf diesen schwierigen Menschen einzustellen. Eine schwache Ampel-Regierung passt da nicht zu den harten Verhandlungen um Zölle und Rüstung. Noch dazu hatte sich Scholz zu sehr als Biden-Freund gezeigt. Deshalb weiß Brüssel und Berlin, dass zum 20. Januar auch ein neuer deutscher Kanzler bestimmt sein muss. Merz hat deutlich bessere Voraussetzungen als ehemaliger Aufsichtsrat eines amerikanischen Vermögensverwalters und Vorstand der transatlantischen Brücke. Der Sieg der CDU/CSU bei der nächsten Bundestagswahl ist vorhersehbar. Vielleicht führt Merz bereits die Vorgespräche mit Trump vor der Inauguration?
Die Trump-Wahl hat aber auch weitere Diskussionen beschleunigt. So fordert der Münchner OB Reiter Boris Pistorius als SPD-Kanzlerkandidaten. Pistorius ist der beliebteste deutsche Bundespolitiker. Der Vorschlag ist nicht nur vernünftig, sondern auch politisch klug: Scholz hat zu sehr abgewirtschaftet durch seinen passiven Führungsstil. Diese Diskussion wird Fahrt aufnehmen. Scholz ist als Kanzler gescheitert. Das schadet der SPD zusätzlich. Die Umfragewerte liegen am Boden. Merz wird die SPD als Koalitionspartner brauchen. Ein Pistorius wäre viel einfacher von einem neuen Kurs zu überzeugen. Er steht der Praxis und der Wirtschaft näher. Es geht doch nicht, dass Scholz seinen Mindestlohn von 15 € als Koalitionsziel einbringt und am Bürgergeld im bisherigen Umfang festhalten will.
Pistorius konnte in der Verteidigung viele Erfahrungen sammeln. Sie wird nach der Trump-Wahl immens wichtig. Natürlich wird Deutschland nun 3 % des Bruttosozialprodukts für Rüstung ausgeben, um Trump wohlwollend zu stimmen, aber wird das reichen? Womöglich zieht sich die USA stärker aus der Nato zurück, so dass nicht sicher ist, ob der Atomschutz noch für Europa gilt und die Mittelstreckenraketen in Deutschland stationiert werden.
Europa muss in der Verteidigung stärker zusammenwachsen, um eine Abschreckung Putins zu erreichen. Dazu muss massiv aufgerüstet werden. Die Achse Paris-Berlin muss funktionieren und Deutschland muss wieder zur Führung Europas aufsteigen. Das geht eigentlich mit Scholz im Gepäck nicht. CDU/CSU und die SPD schaffen mit Scholz als Spitzenkandidaten die absolute Mehrheit nicht. Dann hätten wir Verhältnisse wie in Sachsen. Oder doch die Grünen als dritte Regierungspartei – entgegen dem Getöse von Söder? Dann kommt die Sprengkraft zurück, die zuletzt die FDP formulierte. Merz stellt sich noch härter in der Wirtschaftspolitik auf. Da ist eigentlich für die Grünen kein Platz. Sie sprengen dann irgendwann das Bündnis. Sachsen wird zeigen, wie es nach der Bundestagswahl zugeht. Es geht nicht mehr nur um den Zeitpunkt der Vertrauensfrage des Kanzlers, es geht auch um die Ablösung Scholz‘s in der nächsten Regierung. ek
Foto: felipeblasco / pixabay