Die bayerischen Gebirgsschützen haben die Mutter Jesu zu ihrer Patronin erkoren. Am 1. Sonntag im Mai treffen sich alle Kompanien und begehen durchwechselnd den Patronatstag. Ein prächtiges Bild, wenn sich rund 5000 Trachtenuniformierte zum Gottesdienst in Reih und Glied versammeln. Hier zeigt sich Bayern als das Land des Behütens und des Zusammenstehens entgegen allen hektischen Megatrends dieser Erde. Das Zeremoniell wiederholt sich jedes Jahr unverändert. Es ist aber auch eine Demonstration des Glaubens und bayerischer Frömmigkeit. Ohne viel nachzudenken, wird einfach eine religiöse Tradition gepflegt. Genauso spielt sich gelebte Religion in der Marienkapelle Hülls ab. Das Gebäude wird nicht nur gut erhalten. Es gibt immer eine Maiandacht der Hopfenwelt dort. Dazu steht die Kapelle im Mai offen.
Maiandachten gehören zu den festen Bestandteilen des Kirchenjahrs. Sie sind ein Zeichen der Marienverehrung. Mit Lohwinden haben wir sogar eine Marien-Wallfahrtskirche mitten in unserer Gemeinde. Auch die Pilgerung nach Maria-Hilf bei Osterwaal oder die dreitägige Wallfahrt der Hallertauer nach Altötting Ende September zählen zu den festen Terminen im Leben des Marktes. In Zeiten galoppierender Kirchenaustritte zählt dieses Marienverehrung als Gegenpol. Die Zahl der Pilgernden hält sich stabil. Doch ein Ausgetretener wird nicht an einer Wallfahrt teilnehmen. Das tat er vermutlich lange vor seinem Austritt schon nicht. Und die Zahl der Kirchenbesucher schwindet. Das liegt an der Überalterung der aktiven Christen. Wer aber kommt, geht zur Kommunion. Das war vor 30 Jahren noch anders.
Warum gelingt es den Kirchen nicht, mehr jüngere Menschen in die Gottesdienste zu bringen? Diese Frage korreliert mit den Nachwuchsproblemen in der Katholischen Kirche. Der Ausländeranteil der Priester steigt ständig. Damit einher geht eine Verschlechterung der Kommunikation. Das gebrochene Deutsche in der Predigt lässt sie zur Zeremonie werden. Die innere Mission ist so nicht zu schaffen. Mehr und mehr verlaufen so Gottesdienste wie Marienandachten. Es geht um das Erlebnis, Glauben in der Gemeinschaft zu begehen. Dazu wird gesungen – alles altbekannte Lieder. Es gibt junge Familien, die darin auch Erfüllung finden – meinst, weil sie schon von ihren Eltern in die Kirche mitgenommen worden sind.
Bei aller Kritik an der Äußerlichkeit des gelebten Glaubens muss immer bedacht werden, dass wir schon froh sein können, dies noch zu haben. Eigentlich sollte Gott gehuldigt und Jesu Vermächtnis der Kommunion gepflegt werden. Dahinter steht das Fortleben nach dem Tode und die Existenz einer zweiten geistigen Welt. Das allumfassende Gotteserlebnis schmilzt wie die Gletscher dahin. Kirchen werden mehr und mehr nur noch als Kulturgüter gesehen. So werden sie gerne betreten, aber nicht mehr fürs Gebet. In Wolnzach sind Kirchenführungen beliebt wegen der barocken Ausschmückung. Die Leiden des 30-jährigen Kriegs legten die Grundlage für das positive Lebensgefühl des Barocks danach. Es waren Jahre des Wiederaufbaus, des Jetzt-Erstrecht. Der Glaube wurde gelebt, mit viel Äußerlichkeit. So sollte der Himmel auf die Erde geholt werden. Aus heutiger Sicht schmunzeln wir über so viele Tricks der Kirche. Dahinter stand immer Machterhaltung des Klerus. Die Gläubigen wandten sich den Geistlichen zu und gaben ihnen Macht gegenüber den weltlichen Herrschern, die ja auch nicht demokratisch legitimiert waren. Die Säkularisierung, angeordnet von Napoleon, aber eine Folge der französischen Revolution, zerstörte die weltliche Macht der Katholischen Kirche. Sie zerstörte aber auch ein Machtgefüge, auf das sich das Adelsregime stützte. So führte die säkularisierung unter den Leitideen der Aufklärung letztlich zur Demokratie.
Das alles belastet die Kirchen bis heute. Die Lehren Jesu wurden schnell in ein Kirchenschema der Macht gesteckt. Kreuzzüge, Ritterorden u. v. m. hätte Jesus nie zugelassen. Er war ein Pazifist, predigte inneren und äußeren Frieden. Kommt es zu Rückbesinnung auf die Lehren des Religionsgründers? Bei den Evangelien begann schon die Manipulation. So müssen wir heute froh sein über christliche Traditionen und gelebten Gottesbezug. Sie sind der Nährboden für die Wiederentdeckung der echten Worte Jesu – für eine Vision vom Frieden auf der Welt. ek