Wenn die Hopfenverwertungsgenossenschaft (HVG) ihre Jahresversammlung abhält, kommen nicht nur viele Genossen, sondern auch Ehrengäste wie Abgeordnete, Politiker, Hüll-Forscher und Vertreter von Verbänden. Die Offenlegung aller Geschäftszahlen gewährt einen Einblick in das Marktgeschehen, aber auch in die Branche der Hopfenhändler und -verarbeiter. So wirkten sich die zwei schlechten Ernten von ´22 und ´23 auch auf die Bilanz der HVG aus, doch führten sie nicht zu einem außerordentlichen Abbau der Lagerbestände. Vorstandsvorsitzender Dr. Johann Pichlmaier gab sich große Mühe, dies zu erklären. Die Lagerbestände des Handels sind fast vollständig an die Brauer der Welt verkauft, doch die Kunden zahlen erst bei Auslieferung. Der Handel trägt also nicht nur das Lagerrisiko und die Lagerkosten, sondern übernimmt die Finanzierung: während der Pflanzer sein Geld bei Ablieferung seines Hopfens sofort ausbezahlt bekommt, verschiebt sich die Refinanzierung über viele Monate.
Dr. Pichlmaier fühlt freilich auch mit seinen Genossen mit: eine geringe Ernte bedeutet für den Pflanzer einen Einkommensrückgang in Höhe der Unterlieferung, während die Kosten für Pflanzenschutz, Düngung und Anleiten gleichbleiben. Stark gestiegene Energiekosten wirken sich bei der Ernte aus, wo die Menge erstmals als Kostenfaktor mitspielt. Für die Hallertauer Pflanzer bedeutete die Ernte ´22 sehr hohe Verluste. Mit der ebenfalls unterdurchschnittlichen Ernte ´23 fielen die roten Zahlen zwar geringer aus, doch lebte auch hier der Pflanzer von der Substanz. Die HVG schaffte im Geschäftsjahr 22/23 immerhin eine schwarze Null (0,3 Mio Jahresüberschuss). Auch ihr fehlen 20% Umsätze aus dem geringeren Verkauf bei fast gleichbleibenden Kosten. Beim Hopfenverarbeitungswerk Sankt Johann ist die HVG mit 40% beteiligt (Rest BarthHaas). Auch dort sank die Auslastung. Dennoch wurden von den Gesellschaftern 10 Mio € investiert. Sie flossen vor allem in den Ausbau der Extraktion in St. Johann. Das Wolnzacher Extraktionswerk (NateCo) verarbeitet keinen Hopfen mehr und stellte seine Produktion auf andere Produkte um. So entfällt der Transport St. Johann – Wolnzach und zurück. Immerhin bleibt Wolnzach ein ordentlicher Gewerbesteuerzahler. Auch daran ist die HVG mit 40% beteiligt.
Die Lagerbestände, v. a. in St. Johann, hätten eigentlich bei einer miserablen Ernte stark sinken müssen. Der Bierausstoß weltweit ging zwar seit 2013 zurück, aber stagniert um die 1,8 Milliarden hl. Doch die Hopfenauslieferungen an die Brauereien sanken 2022 und noch stärker 2023, so dass der Lagerabbau von 21/22 auf 22/23 nur rund 10% betrug und die Lagerbestände in diesen zwei Geschäftsjahren so hoch wie nie waren Der Grund liegt in einer Überversorgung der Brauer mit Hopfen d.h. es wurde mehr eingekauft als benötigt, um eine gesicherte Produktion zu erreichen. So ist verständlich, dass der Hopfenhandel nun versucht, die Finanzierungskosten an die Brauer weiter zu geben, zumal sich der Zinssatz vervielfacht hat. Eine unterdurchschnittliche Ernte wie ´23 wurde so vom Markt als unbedenklich eingestuft: Die Freihopfenpreise stiegen nicht wie in ´22. So werden nun auch Neukontrakte spärlicher. Es ist zu viel Hopfen vorhanden. Wir können nur hoffen, dass dies auch die US-Hopfenpflanzer wissen. Doch Dr. Pichlmaier ist zuversichtlich: Der Hallertauer Hopfen ist voll konkurrenzfähig. Das Eigenkapital der HVG konnte bei 61,7 Mio € gehalten werden.
All dies kann aus Sicht der HVG als beachtlicher Erfolg gewertet werden. Doch nun verlässt der Kapitän das Schiff. Dr. Pichlmaier geht Ende ´24 in Ruhestand. So wurden Carlos Ruiz und Dr. Johannes Stampfl zu Vorständen hochgestuft. Dr. Erich Lehmair wird den Vorstandsvorsitz zum 1.7.24 übernehmen. Insofern bleibt das Erfolgsteam erhalten. Sicherlich werden sich nun die Verbände und Hallertauer Hopfenpflanzer nach einem neuen Geschäftsführer umsehen müssen. Dr. Johann Stampfl schrieb seine Doktorarbeit über die Bewässerung des Hopfens. In Zeiten der trockenen Sommer kann diese Expertise für die Pflanzer von großem Vorteil sein. Es ist ein Gesamtwasserverband Hallertau in Gründung, um Förderungen zu bekommen. ek
Foto: Eduard Kastner