Wirtschaftskrise = Regierungskrise

Februar 05, 2024

Wirtschaftsverbände und -kammern schickten letzte Woche Protestnoten nach Berlin. Sie sind mit der Wirtschaftspolitik der Ampel-Regierung mehr als unzufrieden. Deutschland verliere seine Führungsrolle in Europa. Wegen der ständigen Verunsicherungen aus der Politik würden Investitionen zurückgestellt. Standortsentscheidungen fallen mehr für das Ausland. So seien die Energiekosten zu hoch. Immer mehr Einzelhändler geben ihr Geschäft auf. Auch in Wolnzach lässt sich dies beobachten. Die Gastronomie kämpft um die Gäste, traut sich die Mehrwertsteuererhöhung nicht an sie weiter zu geben. Doch das verkraftet sie ebensowenig.  Bei den Fuhrunternehmern wurde die Maut kräftig erhöht. Das trifft aber auch den Werksverkehr. Sie folgen in den Demonstrationen den Bauern, für die das Diesel teurer wird.

Länder und Kommunen klagen über die viel zu hohen Flüchtlingszahlen. Unterbringung und Betreuung verschlingen Gelder, die eigentlich nicht mehr vorhanden sind. Denn nun gehen erstmals die Steuereinnahmen zurück. Bayern verkraftet dies gerade noch. 5 Milliarden werden aus Rücklagen eingesetzt. Für Berlin, insbesondere Grüne und SPD, bedeutet dies Einschränkungen bei Sozialleistungen und für den Umbau der Wirtschaft. Das passt Wirtschaftsminister Habeck am allerwenigsten. Er bringt ein „Sondervermögen Wirtschaft“ in Höhe von 100 Milliarden € ins Gespräch. Er will also 100 Milliarden mehr Schulden aufnehmen – an der Schuldenbremse vorbei.

Die deutsche Wirtschaft ist prinzipiell noch gesund. Am Aktienmarkt erleben wir Rekordstände. Was die Verbände und Kammern eigentlich fordern, ist eine klare Führung der Wirtschaft – nicht durch die geforderte Transformation, sondern für sich in Richtung Wachstum, Abbau von Beschränkungen, um aus neuen Gewinnen die Transformation zu bewältigen. Die Pferde sollen wieder „saufen“ nach so vielen Krisen, die Konsumenten wieder mehr einkaufen. Es kann doch nicht sein, dass in einem heißen Sommer der Bierabsatz zurückgeht. Dabei ist die Inflation bereits unter 3 % gesunken. Von Energiekrise ist keine Rede mehr. Warum wird nicht zum Aufbruch, zum Aufschwung geblasen?

Offen wird die Führungsschwäche von Kanzler Scholz kritisiert. Habeck leidet immer noch unter den Kürzungen im Haushalt, gerade bei Klimaschutz-Programmen. Das Doppel aus Wirtschafts- und Klimaschutzminister geht nicht auf. Der Rückschwenk zum obersten Wirtschaftsführer fällt ihm schwer. Er hat begriffen, dass er mit Steuergeld nicht mehr beliebig um sich werfen kann. Steuererhöhungen passen nicht zur schwächelnden Wirtschaft. Dass sie dennoch vorgenommen werden in Landwirtschaft, Gastronomie und Verkehrswesen zeigt die Not Habecks. Aus der Wirtschaftskrise folgt nun eine Führungskrise der Politik. Streit in der Koalition gab es schon immer, nun kommt eine neue Dimension hinzu: es fehlt Geld. Es wird absehbar noch weniger. Die Steuerschätzungen zeigen nach unten. Die Schuldenbremse verhindert die zusätzliche Kreditaufnahme. Weitere Unterstützungen der Ukraine gehen zu Lasten der Subventionen für den Klimaschutz.

Die Ampel hat abgewirtschaftet, während die Wirtschaft ihr das Vertrauen entzieht. Wird es der Wirtschaft gelingen, die FDP abzuspalten? Aus der Kollegialität von Lindner und Habeck könnte Feindschaft werden. Das Mitwirken in der Regierung hat der FDP in den Wahlen geschadet. Schon aus dem Prinzip der Selbsterhaltung müßte die FDP die Koalition verlassen, wieder in die Opposition gehen. Während die SPD den Mindestlohn drastisch erhöht hat und beim Bürgergeld weit gekommen ist, die Grünen ihre Ideologie bei Klima- und Umweltschutz verwirklichen konnten, muss sich die FDP fragen, was sie für ihr Klientel erreicht hat.

Bislang war die Wirtschaft glücklich, dass die FDP Schlimmeres der Ampel-Regierung verhindert, doch das reicht nun nicht mehr. Noch stimmte unlängst die FDP-Basis für einen Verbleib in der Koalition. Doch diese Stimmung wird schnell kippen, wenn es der Wirtschaft weiter schlecht geht. Da der Ton zwischen Merz und Scholz härter geworden ist und die CDU eine Zusammenarbeit mit der Regierung ablehnt, läuft das Zerbrechen der Ampel auf Neuwahlen hinaus, die die CDU/CSU gewinnen werden. Eine Wahl Trumps zum Präsidenten wird eine große Koalition erfordern, um schnelle Entscheidungen zu erreichen. Auch andere weltpolitische Überraschungen könnten Einfluss auf das Ende der Ampel-Regierung nehmen – im guten wie im schlechten Sinne. ek

Foto: Didgeman / pixabay