Die Bundesregierung legte letzte Woche ihr Strompreis-Konzept vor. Wirtschaftsminister Robert Habeck konnte sich mit einem subventionierten Industriestrompreis nicht durchsetzen. Stattdessen verzichtet der Bund auf die Stromsteuer, was von Wirtschaftsverbänden und der IHK schon lange gefordert wurde. In Abstimmung mit der EU wird die Stromsteuer so niedrig angesetzt als zulässig. Für die Großindustrie ändert sich aber nichts: Sie bekam die Stromsteuer bisher auch schon rückerstattet. Lediglich die Antrags-Bürokratie entfällt. So ist fraglich, ob damit die Standort-Diskussion der energieintensiven Industrie tangiert wird. Dafür wurde die Begierlichkeit aller Stromkunden geweckt: Wegen der hohen Stromkosten möchten nun Verbraucher wie auch Gastronomie & Co. auch die Steuersenkung bekommen.
Es ist verwunderlich, warum der Bund dies nicht schon letztes Jahr bereithielt. Die Bürger hätten sich gefreut. Vermutlich ging es aber in 2022 um viel größere Dimensionen am Strommarkt. So stieg das Entgelt für die Stromerzeuger in nie dagewesene Höhen wegen des Merit-Order-Prinzips, das besagt, dass der teuerste noch benötigte Lieferant den Preis für alle bestimmt. Das waren die Gaskraftwerke. Wegen des horrenden Gaspreises nach dem Lieferstopp aus Russland erzeugten sie den Strom mehrfach teurer als zuvor gewohnt. Die übrigen Stromlieferanten freuten sich. Es war das Einsammeln dieser „Übergewinne“ im Gespräch. Doch es fehlte eine klare juristische Grundlage und dann vergaßen die Medien, diese 100 Mrd. € zurückzufordern. Eine Senkung der Stromsteuer hätte sich daneben wie eine Mücke zu einem Elefanten ausgenommen.
Inzwischen hat der Markt den Gaspreis wieder auf normales Niveau gebracht. Die Strompreisbörse funktioniert, so dass niemand mehr „Übergewinne“ entdecken kann. Nun rechnet sich eine Stromsteuersenkung mit rund 3 Cent pro KWh. Für das Gewerbe bleiben aber über 22 Cent pro KWh an Kosten, beim privaten Verbraucher um die 40 Cent/KWh. Das kommt von den vielen sonstigen Aufschlägen auf den Grundpreis für die KWh. So wird auch diskutiert, das Netzentgelt zu subventionieren, um diese Umlage zu senken. Die Netzbetreiber erhöhen gerade ihr Entgelt um 20 % und mehr. Das wird nun der allgemeine Steuerzahler übernehmen. Ein Markt würde das viel besser schaffen und keine Subventionen erfordern. Doch die meisten Bereiche der Stromversorgung sind nicht marktwirtschaftlich geregelt.
So verschwand die EEG-Umlage über Nacht, obwohl sie höher lag als alle Entgelte für die Stromerzeuger vor der Energiekrise. Solarstrom wird immer noch gefördert, obwohl im Sommer irre Überkapazitäten bestehen und die günstigeren Windkraftwerke abgeschaltet werden müssen – bei vollem finanziellen Ersatz der möglichen Lieferung. Eigentlich dürften heute keine Solaranlagen mehr gefördert werden. So erklärt sich, warum Deutschland die höchsten Energiekosten Europas zu tragen hat. Die Industrie erkennt die ideologische Ausrichtung der Ampel-Regierung. Eine Senkung der Stromsteuer fällt dabei nicht ins Gewicht. Der Strommarkt muss wieder marktwirtschaftlich ausgerichtet werden. Umwelt- und Klimaschäden sind über die CO2-Abgabe einzupreisen. Auch für die CO2-Zertifikate müsste ein Markt herrschen. Wir sind aber noch weit davon entfernt. Selbst Brüssel fehlt der klare Blick auf Märkte.
Es wäre gut, wenn sich Wirtschaftsinstitute dieses Sumpfes annehmen würden. Vermutlich fürchten sie um ihre eigene Finanzierung, wenn sie dieses heiße Eisen anrühren. Damit riskieren wir aber die Abwanderung energieintensiver Großproduktionen. Die Unternehmen müssen so handeln, um auf internationaler Ebene wettbewerbsfähig bleiben zu können. Auch dem Klima wird damit geschadet. Klimapolitik muss immer global ausgerichtet sein. Von einheitlichen Standards sind wir aber so weit entfernt, dass der weltweite CO2-Ausstoß jährlich Rekorde erreicht, wie die Durchschnittstemperatur. Daran ändern auch Klimakonferenzen mit Tausenden an Teilnehmern nichts. ek