Im Umgang mit den Medien stechen die Grünen alle anderen Parteien des Bundestags aus. Sie behalten damit die sogenannte Deutungshoheit. Robert Habeck ist medial stärker als Kanzler Scholz. So scheinen die meisten neuen Gesetze aus seinem Ministerium zu kommen. Interessanterweise wollen die Medien diese Fehleinschätzung nicht korrigieren. Habeck ist zum Volkshelden aufgestiegen. Doch ab und zu darf auch die grüne Umweltministerin Steffi Lemke etwas sagen. Als der havarierte Autotransporter „Fremantle Highway“ in den Hafen von Eemshaven gezogen war, betonte sie wiederholt, welch große Gefahr einer Umweltkatastrophe im Wattenmeer verhindert wurde.
Das Schiff wurde zum Medienstar. Vom Brand eines E-Autos, der Rettung der Mannschaft per Hubschrauber, dem kurzweiligen Dahintreiben des brennenden Schiffs, der Verankerung vor einer Insel im Wattenmeer und schließlich das Abschleppen in das 63 km entfernte Eemshaven, standen täglich auf den Titelseiten aller deutscher Tageszeitungen. Die Risiken des Sinkens mit 3.800 deutschen Autos an Bord und des Auslaufens von 1,6 Millionen Litern Schweröl, dem Treibstoff des Schiffs, wurden rauf und runter diskutiert und stets kommentierte Steffi Lemke die geplanten Aktionen, dies zu vermeiden.
Natürlich bestanden gewisse Risiken, die zum Teil auch vom Wetter abhingen. Doch echte Gefahr herrschte zu keinem Zeitpunkt. Die Autotransporter, die in Wilhelmshaven beladen werden, erfüllen alle Stabilitätsstandards, die z.B. auch einen Sturm auf hoher See mit starkem Wellengang überstehen lassen. Selbst der Brand eines Autos ist eingerechnet und dass mehrere Nachbarfahrzeuge ebenfalls in Flammen aufgehen. Die Bergungsfachleute – alles Niederländer – hatten das Geschehen stets im Griff. Ein Verankern im Wattenmeer bis der Brand von selbst ausging, war für sie ganz normal und verantwortbar. Natürlich schilderten sie alle Risiken, als sie von Journalisten befragt wurden. Ihre Wahrscheinlichkeiten wurden aber in den Medien nicht ehrlich gebracht. Warum sollten diese Bergungsexperten ihre Arbeit auch klein reden? So können höhere Preise für das Schleppen verlangt werden.
Das war sicherlich im Deutschen Umweltministerium bekannt. Dennoch spielte die Ministerin immer mit den Risiken und stellte final fest, welch große Gefahr abgewendet wurde – ohne sie als absolut hypothetisch zu bezeichnen. Auch entstand der Eindruck, dass die Rettung von Deutschland ausging. Natürlich kann damit nun leicht umgesetzt werden, die Autotransporter zukünftig einen größeren Umweg um das Wattenmeer herum nehmen zu lassen. Dabei wird freilich mehr Schweröl verbrannt und das Klima geschädigt. Schweröl ist sowieso der klimatisch schlimmste Kraftstoff und gehörte verboten. Doch diese Schlussfolgerung kam nicht von der grünen Ministerin – mangels aktueller Alternativen. Wenn Habeck Ölheizungen in Deutschland verbietet, dann muss auch das Schweröl im Schiffsverkehr auf die Verbotsliste. ek