Bis zum 30. Juni müssen alle Empfänger der sogenannten „Soforthilfe“ erklären, dass sie sie zu Recht erhalten haben und falls nicht, sie zurückzahlen. Es gab schon einige Klagen, gerade von Kleinunternehmern und Selbständigen, dass sie unter dieser Rückzahlung leiden. Sie verwendeten das Geld auch, um selbst über die Runden zu kommen. Aber dann tritt schon die Rückzahlpflicht ein. Da das Gesetz von den Ländern verfasst wurde (die Länder zahlten die Hälfte, der Bund den Rest), haben einige Länder die Rückzahlverpflichtung ausgesetzt. Nicht so Bayern.
Interessanterweise kam bisher niemand von den Experten in den Sinn, den Gesetzestext unter die Lupe zu nehmen, ihn mit der erklärten Absicht zu vergleichen und seine Pragmatik zu prüfen. Sicherlich wurden die Artikel unter großem Zeitdruck verfasst, aber es war nicht beabsichtigt, eine Fake-Hilfe vorzutäuschen, bei der nach zweieinhalb Jahren alle Empfänger die sogenannte Hilfe zurückzuerstatten haben. Doch genau das ist der Fall. So stoßen wir beim Berichtsformular und der dazugehörigen Anleitung auf die Rechenformel „Einnahmen minus Finanz- und Sachaufwand“ in den drei Monaten nach Beantragung der Hilfe. Explizit ist der Lohnaufwand ausgeschlossen. Bei einem Unternehmen belaufen sie sich aber auf mindestens 30 % der Gesamtkosten. Wenn also diese Ausgaben nicht aufgeführt werden dürfen, kann es praktisch keinen Zahlungsengpass geben. Falls doch, rettet auch der Staatszuschuss nicht vor der Insolvenz.
Es wäre doch viel sinnvoller gewesen, auf die sog. BWA, die betriebswirtschaftliche Auswertung, abzustellen. Sie errechnet jeden Monat die Differenz zwischen Einnahmen und Ausgaben. Fällt sie negativ aus, belastet dieser Betrag die Liquidität. Andere kritisieren, dass im Gesetz hätte stehen müssen, „Einkünfte“ anstelle von Einnahmen, doch wäre dies unter Liquiditätsaspekten nicht zielführend. Aber der Gesetzgeber berücksichtigte nicht die Nachlaufproblematik: Wenn mit der Corona-Pandemie das Geschäft einbrach, dann wirkt sich dies in der Liquidität erst zwei Monate später aus. Rechnungen werden durchschnittlich nach einem Monat bezahlt und vielfach zwei Wochen nach Auftragserledigung geschrieben. Wenn also im März die Krise einsetzte, fließen die Einnahmen aus Januar und Februar noch bis April. Erst ab Mai 20 ist der Geschäftseinbruch in der Kasse angekommen. So wird durch die Berichtsmonate April und Mai die Lage so sehr geschönt, dass ein schlechter Juni nicht durchschlägt. Die noch schlechteren Monate Juli und August sind ausgeschlossen von der Nachberechnung.
Es stellt sich die Frage, ob ein fürsorgender Staat solch ein Gesetz nicht nachbessern müsste. Natürlich ist es erschreckend, dass diese Mängel bisher nicht gemeldet wurden. Aber vielleicht wussten dies die Länder, die den Gesetzesvollzug aussetzten? Oder die Mängel sind im Bayer. Finanzministerium doch bekannt? Dann wäre ein Aussetzen des Vollzugs doch gerecht, auch wenn viele die Soforthilfe schon schmerzlichst zurück bezahlten. Wir leben doch in einem Rechtsstaat? ek