Der Mai wird als Marienmonat von der katholischen Kirche begangen. Tägliche Andachten zu Ehren der Mutter Jesu gehören zum Ritual. Bayern hat einen besonderen Bezug zur Heiligen, sie avancierte zur „Patrona Bavariae“, zur himmlischen Beschützerin des Freistaats. So feiern die Gebirgsschützen den Patronatstag mit einem Treffen aller Kompanien und gemeinsamen Gottesdienst. Diese Gläubigkeit ist ein Teil des Selbstverständnisses der Bayern, zumindest im Oberland. Sie hat auch eine besondere Innigkeit. Sie treffen wir ebenso an den Wallfahrtsorten an, von denen ein Großteil Maria als Wundertäterin verehren wie unser Lohwinden oder der größte bayerische Wallfahrtsort Altötting. Die Prozession der Hallertau Anfang Oktober ist auch Marienverehrung.
Dabei wurde Maria als Heilige erst vor 1.000 Jahren „entdeckt“, ähnlich wie die Verehrung der Evangelisten und der Reliquien der unzähligen Heiligen. Die katholische Kirche nutzte dies in großem Stil aus, um die Gläubigen an sie zu binden und erhöhte ihre Macht gegenüber den weltlichen Fürsten. Auch brachte die Gläubigkeit großen materiellen Reichtum, angefangen vom Ablasshandel bis zum Nachlassempfänger. So wurden die Kirchen immer größer, höher und goldener. Gerade die Kirchenkunst schuf eine eigene Welt der Heiligen-Verehrung. Die Kirchtürme wurden zu „Zeigefingern Gottes“. Aber die sonstigen Auswüchse und Mißbräuche ließen Luther aufstehen und zur Sache rufen. Seine Reformation wandte sich vom Heiligenkult ab. In der lutherischen Kirche gibt es keine Wallfahrt zu Maria, noch Marienkirchen. Lediglich die vier Evangelisten wurden als Schutzpatrone von Kirchen beibehalten.
Luther wollte zum Monotheismus zurück, wenngleich die Dreifaltigkeit des einen Gottes auch bei ihm als intellektueller Mißbrauch bezeichnet werden muss. Mit dem „Synodalen Weg“ reagieren 500 Jahre nach Luther die deutschen Bischöfe auf die aktuellen Mißbräuche und nähern sich Luther zu weiten Teilen an. So überrascht nicht, dass Rom den „Synodalen Weg“ entgegen steht. Letztendlich wackelt die ganze Hierarchie der katholischen Kirche, ihre Machtstrukturen. Es bleibt also sehr spannend, was die deutschen Bischöfe zur Reform der katholischen Weltkirche beitragen können. Womöglich wird es Jahre dauern, bis sich die Einsichten durchsetzen.
Davon unberührt blieb freilich der Heiligenkult und ganz besonders die Marienverehrung. Es werden die vielen Heilungen angeführt, die Maria zugeschrieben sind. Doch sagte nicht Jesus immer bei seinen Wunderheilungen: „Dein Glaube hat dir geholfen“. Es ist also der feste Glaube, die Verehrung Mariä, die die Selbstheilung bewirkt. Sie wird dann Maria zugeschrieben. Eigentlich ist dies ja nicht schlimm. Genau genommen zeigt sich eine Form des Aberglaubens, wie der Freitag der 13. Unglück bringen soll. Die Verehrung Mariä lenkt von der eigentlichen Gottesliebe ab. Maria ist nicht Gott, ist auch kein Ausfluss der Dreifaltigkeit. Die Marienliebe darf ruhig bayerisches Volksgut bleiben. Doch die lutherische Brillanz der Reform wird auch den Marienkult einholen, womöglich schon in diesem Jahrhundert. Die Opfer des 30-jährigen Religionskriegs rücken so den verfolgten und ermordeten Christen im alten Rom nahe. Diese Märtyrer ließen das Christentum zur Staatsreligion aufsteigen. In Anbetracht der Toten aus den christlichen Religionskriegen müsste christliches Denken zum synodalen Weg führen. ek