3. Krisenjahr mit „Zeitenwende“

Dezember 27, 2022

Nach zwei Jahren der Corona-Pandemie mit harten Einschnitten in alle Bereiche unseres Lebens wäre eigentlich ein glückliches 2022 angesagt gewesen mit Erholung der Wirtschaft, Freude am Leben, Geselligkeit, Tourismus und Kultur. Doch Wladimir Putin durchkreuzte alle Vorhersagen mit seinem Überfall auf die Ukraine. Seitdem stehen auch wir im Krieg, wenngleich es bei der Sorge um die Eskalation bisher blieb, doch sehr viele Geflüchtete aus der Ukraine aufzunehmen waren. Erinnerungen an die Vertreibungen nach dem 2. Weltkrieg wurden wach. Aber die Ukrainer waren besser vorbereitet als wir. Sie entwickelten eine Widerstandkraft wie wir sie nicht vermutet hatten. „Postkoloniale Kriege sind nicht zu gewinnen“, lautet das Urteil eines britischen Historikers. Er möge Recht haben. Russland wird nicht siegen, selbst wenn Atomwaffen geworfen würden. Aber der Krieg wird länger dauern als uns das Thema in Beschlag nimmt.

Durch die EU-Sanktionen gegen Russland war abzusehen, dass russisches Gas ausbleiben wird. Zuerst explodierten die Gaspreise, dann Nord-Stream 1 und 2 und schließlich kam russisches Gas nur noch über die Türkei nach Europa. Die Deutschen sorgten sich um kalte Wohnungen, das Stilllegen ganzer Industrien wegen Gasknappheit, Strom-Blackouts u.v.m. Doch plötzlich waren die Gasspeicher randvoll. Entwarnung war angesagt, vorbehaltlich neuer Überraschungen wir Cyberattacken auf unsere Infrastruktur. Durch die Kopplung des Strompreises an die Gaskosten gingen auch die Strompreise durch die Decke. Kraftstoff- und Pelletpreise zogen mit. Gepaart mit verbliebenen Lieferkettenproblemen, der chinesischen Corona-Politik und großem Personalmangel durch alle Branchen, erlebten wir in 2022 eine Inflation, die wir noch in 2021 nicht für möglich gehalten hatten – weltweit.

Die Notenbanken reagierten mit starken Zinserhöhungen, was v.a. die Bauwirtschaft traf. Viele Hausbauten wurden zurück gestellt. Dass jetzt auch noch die steuerliche Bewertung von Immobilien stark angehoben wurde, verstärkt das Problem. Bayern versuchte, die Freibeträge bei Schenkungen/Erbschaften anzuheben, scheiterte aber im Bundesrat. Unsere Wirtschaft befindet sich zum Jahreswechsel noch im Krisenmodus. Zins- und Steuererhöhungen passen nicht zur Problemlage, wirken kontraproduktiv. So sah das Ifo-Institut für 2023 völlig schwarz, prognostizierte eine stärkere Rezession. Doch die Realitäten passen nicht zu einem gesamtwirtschaftlichen Abschwung: Das Steueraufkommen kletterte 2022 weiter, die Auftragsbücher der deutschen Industrie sind so gefüllt wie noch nie in der deutschen Geschichte, der Arbeitsmarkt bleibt leergefegt. Eine Rezession käme nur aus einer mentalen Krise. Aber diese konnte das Ifo-Institut nicht auslösen.

In 2023 werden sich positive und negative Tendenzen die Waage halten: Beim Bau werden wieder normale Zeiten zurück kehren, während die Industrie von der Belebung der Weltwirtschaft nach der Corona-Pandemie stark profitiert. Ja, die Corona-Krise kann abgehakt werden. Lieferketten werden sich schnell schließen. Gerade China wird wieder stärker wachsen und die Weltwirtschaft mitziehen. Die USA geben Hunderte von Milliarden aus zur Belebung der Wirtschaft – unter Klimaschutzvorgaben. Aber jede Investition zur Abwendung des Klimawandels ist ein Wachstumsfaktor. Wir haben wirtschaftlich sehr starke Jahre vor uns.

Die Inflation wird in 2023 zurückgehen, wenn auch statistisch langsamer als allen lieb ist. Zumindest ist die Gefahr einer Stagflation abgewehrt. Wir werden 2023 ein normales Wachstum erfahren. Nur ein starker Wettbewerb kann die Preise in Schach halten. Das planwirtschaftliche Denken von SPD und Grünen kennt die Marktwirtschaft nicht. Immerhin kann festgestellt werden, dass Habeck versucht, mehr der Wirtschaft zu helfen, als das Klima zu retten. Doch dieses größte Problem von 2023 kann nur global gelöst werden und nur mit neuen Techniken, die günstiger produzieren lassen als die bisher klimaschädlichen.

Das trifft auch für den Hopfenanbau zu. Nach einer katastrophalen Ernte ’22 aus dem Klimawandel muss die Technik des Regnen-Lassens doch endlich zum Zuge kommen. Zusätzlich erdrückt die Inflation die bäuerlichen Existenzen. Es muss Vertragsanpassungen geben. Ja, auch hier erleben wir eine Zeitenwende. Vieles von früher gilt nicht mehr oder nicht in vollem Umfang. Veränderungen kommen schneller und stärker. 2023 ist von mehr Unsicherheiten geprägt als 2022, selbst mit dem Ukraine-Krieg, der uns bis jetzt persönlich viel weniger tangiert hat als die Corona-Beschränkungen. Doch eines ist sicher: Die Staatsverschuldung wird weiter steigen und die Schuldenbremse wird über 2023 hinaus geschoben.

Veränderungen können aber auch positiv eintreten. Mit einem Abdanken Putins wäre der Ukraine-Krieg schneller beendet. Wie lange wird sich das Mullah-Regime oder besser die Diktatur im Iran noch halten? Trump wird rechtskräftig verurteilt und einer weiteren Kandidatur entzogen. Die Chinesen erkannten in ’22, dass sie mit Demos doch einiges bewirken können. In Zeiten von Internet lassen sich die Bürger nicht mehr so leicht für dumm verkaufen oder gar unterdrücken. Die Verhinderung des Klimawandels bringt alle Nationen in ein Boot. Für Machtfantasien oder -eskapaden von Diktatoren oder Populisten bleibt dabei weniger Raum. Die klimatischen Veränderungen sind unübersehbar. Es ist bereits eine Stunde nach 12, nur wollen dies nur wenige einsehen. Doch sie werden jeden Tag mehr dazu gezwungen.

In Anbetracht der neuen Katastrophen aus dem Klimawandel nehmen sich lokale Konflikte immer kleiner aus, selbst der Ukraine-Krieg mit oder ohne lokalem Atomwaffeneinsatz. Das Schlimme dabei: Die Klimamodelle, die heute dominieren, sind unzureichend. Sie müssen an die Realitäten der letzten Jahre angepasst werden und nicht über Jahrzehnte linear gestreckt werden. Exponentielle Kurven sind die Realität. Die heutigen Klimaziele sind bereits Makulatur. Es müssen alle Techniken geprüft werden auf Tauglichkeit und Skalierbarkeit. Ohne Systemänderungen, gerade in der Technik, wird es nicht gehen. Doch das Rennen ist noch nicht verloren, wenn wir heute alles umsetzen, was möglich ist. Also nicht in 2045 oder 2050 klimaneutral wirtschaften, sondern in 2027, zwar ohne Panik, aber mit klaren Leitplanken. Die Erfahrungen im Hopfenbau ’22 gelten global. Sie sind nicht zufällig, sondern liegen im Trend. Hier erleben wir, wie nah wir schon am Absturz stehen. In Kenia ist es bereits schlimmer. Lasst es endlich regnen und gehen wir dann an die großen Aufgaben! ek