Plötzlich ging es ganz schnell mit den Lockerungen. Die Inzidenzzahl ist mittlerweile im Landkreis unter 50. Nur noch ein Corona-Patient liegt auf Intensiv. Während in München die Außengastronomie noch am selben Abend ihre Möglichkeiten nutzte, hinken die Wirte im Landkreis hinterher. Der „Schloßhof“ ergriff sofort seine Chance. Der Einzelhandel traut dem Frieden auch noch nicht so recht. Zu kurz waren die Öffnungen zwischen zweiter und dritter Welle. In den Großstädten zeigen sich die Lücken bereits deutlich. Trotz kostenloser Tests in den vielen Zentren waren die Kunden doch nicht gewillt. Dabei zeigt sich die Sinnlosigkeit der Geschäftsschließungen immer deutlicher. So sehr jede weitere Öffnung von Branchen begrüßt wird, tragen diese Erlaubnisse nicht die Willkürlichkeit einer Politik nach Gutsherrenart? So werden Fitnesszentren kurzweg zu Sporteinrichtungen umdeklariert. Ist Bayern bereits wieder eine Monarchie?
Das Schlimme daran ist, dass die Verbände nicht stärker und früher rebellieren. Fast keine Klagen forderten die Gerichte heraus. Sie hätten die „3. Gewalt“ aktiviert. Vielleicht folgennoch Studien, die belegen, dass Geschäftsschließungen ein untaugliches Mittel waren? Selbst bei Hotels stellt sich die Frage, wo sich ein Gast infizieren soll. Hier kommt natürlich der Einwand, möglichst jede Verkehrsbewegung und Vermischung zu unterdrücken sei förderlich. In gewissem Umfang gilt dies auch für die Kultur. Warum Museen geschlossen werden mussten, lässt sich nur aus der Unterbindung von Tourismus erklären: Die Einheimischen gehen nicht ins Museum.
Aber das lassen wir nun alles hinter uns. Die Aufhebung der Priorisierung bei den Impfungen ist absurd, wenn nicht genügend Impfstoff, und zwar der gewünschte, zur Verfügung steht. Dann sind die Arztpraxen mit dem Abwehren von Impfwilligen unnötig belastet. Andererseits erhöht sich so der Druck auf die Impfstoffbeschaffer. Auf jeden Fall wirken die Impfungen auf das Infektionsgeschehen, auch wenn noch keine zweite Impfung verabreicht wurde. Und die beste Meldung des Tages kommt aus Großbritannien. Dort wütet bereits die indische Mutante. Sie ist doppelt so ansteckend und tödlich als die britische, die ihrerseits gegenüber der deutschen diese Merkmale aufwies und für die dritte Welle maßgeblich war. Doch in Großbritannien sinken auch die Inzidenzen. Das bedeutet, dass die Impfungen dort (AstraZeneca vor BionTech) volle Wirkung auch bei der indischen Variante zeigten. Wir rechneten mit einer verstärkten Neuinfektion mit mildem Krankheitsverlauf. Die scheint aber nicht einzutreten.
Noch dazu dämpft der hohe Durchimpfungsgrad der britischen Bevölkerung die Ausbreitung und das schnelle Übergreifen auf Kontinentaleuropa, wobei es weiter von großem Vorteil ist, Großbritannien auch epidemologisch zu isolieren, zumindest bis wir die 70 % Durchimpfung, zumindest der Erstimpfung, geschafft haben. Die Gefahr einer vierten Welle ist also sehr gering geworden. Umgekehrt heißt dies, dass ab Juli die völlige Normalität zurückkehren wird. Das Wolnzacher Schwimmbad öffnet Mitte Juni. Bei einer Inzidenz unter 50 entfallen die Tests, wobei noch einmal darauf hinzuweisen ist, dass bei einem negativen die Inzidenz doch für die nächsten 6 Stunden egal sein kann, also das Tübinger Modell wirklich gut war. Einziger Grund für die Begründung einer Inzidenzorientierung wäre doch das Eingeständnis, dass die Fehlerquote der Schnelltests so hoch wäre,
dass der Kontakt doch die Infektionsquote steigen ließe – trotz Masken und Abstand. Hier sind stärkere Zweifel angebracht.
Der Juli 2021 wird also genauso verlaufen wie der Juli 2020. Feiern wir alle Wirte, die wieder öffnen. Genießen wir das Shoppen ohne Voranmeldung oder Internet-Bestellung (Click), fahren wir in den Urlaub (wenn geimpft). Wo Kinder unter 12 Jahren einen Hausstand bereichern, lasst uns alle übrigen impfen. Es kommen also doch noch logische Priorisierungen. Und irgendwann im Sommer werden wir im Impfstoff schwimmen, wobei dann plötzlich die politisch gesetzten Abstände zwischen den zwei Impfungen auf das medizinisch notwendige Maß wieder schrumpfen werden. Es ist sinnlos, lokale Volksfeste abzusagen. Lediglich für das Oktoberfest gelten internationale Maßstäbe. Aber hätte man es nicht durchführen können, wobei von allen Ausländern der Impfnachweis & Co. bzw. der Negativtest gefordert worden wäre? ek