Viele Gewerbetreibende im Lockdown haben nun „die Schnauze voll“. Die zweite Lockerung erwies sich als Rohrkrepierer. Nach nur zwei Wochen müssen die Einzelhändler wieder schließen, zwar regional noch unterschiedlich, aber der Inzidenzwert steigt und steigt. Die erhofften Öffnungen in der Gastronomie und der Kultur werden auf unbestimmte Zeit geschoben. Also keine Außengastronomie an Ostern. Wen wundert es, dass viele ins Ausland fliehen, um an den Feiertagen die ersehnte Normalität zu erfahren. Die englische Mutante verdrängt gerade die europäisch-klassische. Aber es sind vor allem Jüngere, die sich anstecken, während die Todeszahlen weiter sinken. Wir können die Wut und Resignation der heimischen Unternehmer mehr als verstehen. Bars sind schon seit einem Jahr geschlossen. Vor Juli werden sie nicht geöffnet.
Die Politik verspielt gerade ihr Vertrauen. Selbst massivste Einschränkungen verhinderten die dritte Welle nicht. Als die Geschäftsöffnungen angekündigt wurden, war sie bereits im Kommen. Andererseits war der Druck auf die Politik so groß und die momentanen Inzidenzwerte niedrig, dass das Öffnen unter Bedingungen verkündet wurde. Der Bedingungsrahmen war aber zu eng, ja rückwärts gewandt. Schon zeigt Tübingen, dass es einen anderen Weg geben kann: die Innenstadt wird völlig geöffnet. Es darf aber nur rein, wer sich einem negativen Sofort-Test unterzieht. Warum folgt hier nicht Pfaffenhofen?
Andererseits muss klar festgestellt werden, dass Geschäftsschließungen nicht die Lösung bringen. Wir hatten doch genügend Zeit, dies auch wissenschaftlich zu belegen. Im Ausland sind die Politiker mutiger – oder besser beraten. Der Intendant des Gärtnerplatztheaters hat dies auch für Theater und Kinos belegt. Wer bitte soll sich in einem Museum mit Hygienekonzept anstecken? Das gilt auch für Hotels. Wenigstens schlüpfen Buchhandlungen, Blumenläden, Baumärkte, Friseure und Nagelstudios unter dem Inzidenzkriterium durch. Die Ungleichbehandlung von Modegeschäften u.a. lässt sich juristisch nicht halten. Auch Kirchen wurden zu Beginn geschlossen. Nun werden die Hygienestandards eingehalten – und nicht mehr gesungen – und es steckt sich im Gottesdienst auch niemand an. Selbst unter der englischen Mutante. Also Schluss mit dem untauglichen Mittel der Geschäftsschließungen.
Wenigstens kam der Politik die Erleuchtung, dass nur die Hausärzte die wirklich Gefährdeten bestimmen können. Wenn sie nun gleich von ihnen geimpft werden, dann wird die unsägliche Bürokratie um die Impfungen übersprungen. Volltreffer. Dann werden die Todeszahlen weiter sinken. Das ist ja der neuralgische Punkt. Und wenn die Krankenhäuser endlich die vorhandenen Antikörper zur Behandlung einsetzen, dann haben wir auch die Zahl der Patienten auf Intensivstationen
fallend. Dann kann der Inzidenzwert in der Pfeife geraucht werden.
Wie ungenügend die Politik beraten ist, zeigt sich in den Äußerungen, die Priorisierung aufzugeben. Ja, dann kommen wir bis zum Sommer aus dem Verhinderungsschlamassel nicht heraus, zumindest so lange, bis es genügend Impfstoff gibt und er akzeptiert wird von den zu Impfenden. Es ist richtig, bis dahin die Infektionen an den echten Hotspots zu verhindern, also dort, wo Partys gefeiert werden oder sich die Menschen ohne Masken zu nahe kommen. Ausnahmen können nur nach dem Modell Tübingen vorgenommen werden: vor jeder Begegnung ohne Maske Schnelltest. Dazu sollten die Schnelltests auch in genügender Zahl zur Verfügung stehen. Das heißt täglicher Test vor Präsenzunterricht und der Kita. Für 6 Stunden gilt der Schutz statistisch. Die Fehlergebnisse werden also schon am nächsten Tag korrigiert. Auch der Impfausweis hilft bei einer Mutante nicht, wenn sie wieder zur Infektion des Geimpften führen kann. ek