Die Hallertau hat sich bewährt

November 30, 2020

Es ist Tradition zu Beginn der Nürnberger Brau Beviale Messe, dass die Verbände der Hopfen- und Brauwirtschaft die endgültigen Zahlen der abgelaufenen Hopfenernte vorstellen und kommentieren. Doch die Messe musste abgesagt werden wie alle übrigen in Coronazeiten, und so fehlte es an einer Gesamtschau auf das Hopfenjahr 2020. Eine Pressemeldung des Verbands Deutscher Hopfenpflanzer ist angekündigt. In der „Brauwelt“ soll die Hopfenernte 2020 dargestellt werden. Doch auch dies kommt spät. Wenigstens erfuhren die Hopfenpflanzer aus der November-Ausgabe der „Hopfen-Rundschau“, welche durchschnittlichen Alphawerte jede Sorte der Anbaugebiete Europas aufwies. Die von verschiedenen Stellen gemessenen Werte wurden mit den Vorjahreswerten und dem 5-Jahres- und 10-Jahres-Durchschnitt verglichen.

Das vermutete gute Alpha der Ernte 2020 wurde bestätigt. Bis auf zwei Sorten (Taurus, Hallertau und Magnum, Elbe-Saale) lagen alle Werte über den 5- und 10-Jahresdurchschnitt und besser als die letzten drei Ernten. Darunter auch die Sorte Herkules: sie liegt in der Hallertau bei 16,6% (10-Jahresdurchschnitt 16,4%). Alle Messungen tragen den Zusatz „erntefrisch“. Durch die Lagerung schwindet das Alpha. Gepaart mit der Erntemenge Deutschland von 20.115 Tonnen bei Herkules ergibt sich ein Rekordwert an Tonnen Alpha. Doch der Spotmarkt bekommt dennoch nicht große Mengen Herkules Verkauf. Die Defizite an Alpha der letzten Jahre ließ den Handel die Freihopfenbestände rasch aufkaufen.

Vom Pflanzerverband kamen auch die exakten Erntemengen: So erreichte die Hallertau 40.284,89 t, bundesweit wurden 46.878,5 t eingefahren. Die Anbaugebiete Tettnang und Elbe-Saale liefern sich ein Kopf-an-Kopf-Rennen mit 2.850,82 t zu 2.980,55 t. Spalt spielt mit 616,06 t keine Rolle mehr. Von den Hopfensiegelgemeinden liegt Wolnzach auf dem zweiten Platz mit 5.389 t nach Mainburg mit 9.357 t. Ein sehr deutlicher Unterschied. Au mit 4.248 t belegt Platz drei vor Pfaffenhofen. An dieser Reihenfolge wird sich die nächsten Jahre nichts mehr ändern.

Die Aromahopfen Perle und Hallertauer Tradition mit 6.182 t und 5.424 t belegen die Plätze zwei und drei, wobei die deutschen Werte nahezu denen der Hallertau entsprechen. Der Magnum liegt mit 3.978 t weit abgeschlagen. Er spielt im Anbaugebiet Elbe-Saale noch die Hauptrolle, mit 11,9 % Alpha aber hat er keine Zukunft. Im Alphagehalt liegt der Taurus am nähesten am Herkules. Doch als Spitzenreiter im Alpha überrascht der Polaris, ein Flavor-Hopfen mit sehr stolzen 20,6 %. Diese Sorte hätte das Potential zur Mengenausdehnung. Wir müssen den Polaris weiter beobachten. Er erreicht Alphawerte wie wir sie von US-Hochalphasorte kennen. In 2016 bot er sogar 21,3 % Alpha, wobei der Herkules in diesem Super-Alpha-Jahr bei 17,3 % lag. 2020 kann als „gutes“ Alpha-Jahr bezeichnet werden.

Die globale Brauwelt wird also aus der Ertne 2020 sehr gut eingedeckt. Dabei müssen wir über die derzeitigen coronabedingten Bierkonsumrückgänge hinweg sehen. Die Ernte 2020 bedient auch schon die Zeit nach Corona. Sollte es 2021 wieder einen heißen und trockenen Sommer geben, wird nicht nur in den Biergärten ordentlich Bier getrunken, sondern die Vorräte können eine schwierige Ernte 2021 ausgleichen, gerade beim Herkules-Alpha.

Die Hallertau hat 2020 bewiesen, dass sie ihrer Rolle als Brauweltlieferant noch vollends gerecht wird. Sollte die Beregnung gesichert werden, wäre daran auch nicht mehr zu rütteln. Ansonsten beginnt das große Zittern jedes Jahr mit Tendenz der Verschlimmerung. Sicher wird Hüll neue Sorten bringen, die zukünftige Sommer besser verkraften. Die Landwirtschaft befindet sich aber auch in einem Umstellungsprozess hin zu mehr Bio. Das bedeutet, dass der Pflanzenschutz noch schwieriger wird, also auch von dieser Seite mit größeren Ernteausfällen zu rechnen ist. Alle diese Problemfelder zusammen gesehen, ergibt sich eine noch klarere Notwendigkeit, die künstliche Beregnung einzuführen.

Noch bremst das Bayerische Umweltministerium, doch die Gründe sind nicht nachvollziehbar. Immerhin stehen Professoren der TU München bereit, die künstliche Beregnung wissenschaftlich zu begleiten und ihre Effizienz zu messen. Diese Konstellation gilt es zu nutzen. Angeblich will die Bundeslandwirtschaftsministerin Klöckner die Versuche finanzieren. Die Hallertau braucht sie dringend. Doch zunächst freuen wir uns über die ausgezeichnete Ernte 2020. ek